Kekse sind nicht nur zum Naschen da. Wenn man sie aus Holz herstellt und mit den richtigen Werkzeugen bearbeitet, dienen sie auch als Sitzgelegenheit oder als Gehwegplatte.

von Mirjam Stein

Ich stehe gerade vor dem Kunstraum B in der Kieler Wilhelminenstraße und schaue gespannt in das Fenster der Kunstgalerie. Auf der Fensterbank liegt ein Stapel Butterkekse. Sie sind riesig, viel größer als die, die sonst in den Supermarktregalen auf ihren Umzug in meinen Einkaufswagen warten. Sie sehen wirklich lecker aus und ich mache mir eine geistige Notiz für meinen Einkaufszettel. Die Kekse, vor denen ich gerade stehe, werden meinen Appetit jedoch nicht stillen. Denn sie bestehen aus Holz. 

Am Anfang war der Butterkeks

Im Inneren der Galerie treffe ich Uta Kathleen Kalthoff. Sie ist 1. Vorsitzende des Kunstraum B Gemeinnütziger e. V. und bereitet gerade die nächste Ausstellung vor. Künstlerin Anja Backhaus ist ebenfalls da, denn sie hat die Kekse „gebacken“. Ihr Nachname hat sie nicht zu diesen Werken inspiriert. Das ist ihr selbst lange nicht aufgefallen. Eine Auftragsarbeit für einen Nationalpark in Hessen und natürlich eine Packung Kekse sorgten für die nötige Inspiration. Der Nationalpark hatte sie beauftragt, 80 Objekte wie Tiere und Pilze fünffach zu vergrößern. „Ich habe ein Jahr lang immer von klein auf groß gedacht und dann hatte ich in der Werkstatt eine Packung Kekse“, sagt die gebürtige Chemnitzerin. Mit einem Butterkeks fing sie 2011 an und es folgten ein Doppelkeks, ein Toffifee und eine Waffel. Eigentlich mag sie die Schaumwaffeln im Original überhaupt nicht, aber ihr Mitbewohner isst sie in großen Mengen und brachte sie auf die Idee. Am Ende entstand daraus eine Bank. Sie selbst isst die namenlosen Haselnusskekse von Feinkost Albrecht am liebsten und baute zwei Stühle nach deren Vorlage. Den Doppelkeks verwandelte sie in einen Tisch.

Die Schaumwaffel ist das Lieblingsstück der gelernten Holzbildhauerin Anja Backhaus – obwohl sie die Originalwaffel gar nicht mag.

Für mich ist das eher das Ausleben meines Spieltriebs, dass ich Sachen einfach nur mache, weil ich es geil finde.

Anja Backhaus

Zwei Wochen lang dauert es circa, bis ein Riesen-Keks fertiggestellt ist. Am Anfang stehen die Berechnungen. Anja misst den Keks möglichst genau aus und vergrößert ihn dann neun- oder zwanzigfach. Das passende Holz findet sie im Baumarkt. Für den Doppelkeks hat sie drei einzelne Bretter zuerst grob in Form gebracht und anschließend die Zacken mit einer Stichsäge und verschiedenen Schleifmitteln wie Flex und Excenterschleifer herausgearbeitet. Abschließend erhalten die einzelnen Teile ihre Farbe und werden verleimt. Warum das Ganze? „Für mich ist das eher das Ausleben meines Spieltriebs, dass ich Sachen einfach nur mache, weil ich es geil finde. Ich mache das nicht weil ich denke, die Welt braucht jetzt eine überdimensionale Waffel, die eklig schmeckt, aber cool aussieht. Ich mache es tatsächlich einfach, weil ich es toll finde.“ 

Zu ihrem Beruf Bildhauerin kam Anja über einen Umweg. Eigentlich wollte sie am Theater Plastiken erstellen, absolvierte dafür ein einjähriges Praktikum im Städtischen Theater in ihrer Heimat Chemnitz und wollte im Anschluss Theaterplastik in Dresden studieren. Weil sie dort aber ungern Leute direkt von der Schule nehmen, sondern eine vorherige Ausbildung bevorzugen, folgte sie dem Rat des Werkstattleiters vor Ort. Er war selbst Holzbildhauer und legte ihr diese Ausbildung nahe. Daraufhin bewarb sie sich an der Berufsfachschule Holzbildhauerei in Flensburg. Nach der Ausbildung entschied sie sich dafür, bei diesem Beruf zu bleiben. Sie hatte drei Jahre lang mit dem natürlichen Rohstoff Holz gearbeitet und keine Lust mehr auf giftige Kunststoffe. „Auf einem Bildhauersymposium im Harz verkaufte ich direkt zwei meiner Arbeiten und dachte mir, dass ich damit wirklich Geld verdienen kann“, ergänzt Anja. Sie machte sich also direkt nach der Schule im Jahr 2002 selbstständig und lebt seither von ihrer Arbeit. „Man sollte einfach mal das mitnehmen, was einem angeboten wird“, ergänzt sie zufrieden. 

Der Weg zum persönlichen Keks

Die Kreativität von Anja Backhaus hört bei Möbeln für den Innenraum nicht auf. Von einem ihrer Butterkekse hat sie bereits einen Betonabdruck gemacht, sodass er sich hervorragend als Gehwegplatte eignet. Aktuell hat sie einen der bekannten schwarz-weißen Kekse auf der Werkbank. Auch er soll später aus Beton gegossen und – sobald die technischen Hürden gemeistert sind – zu einem Sonnenschirmständer werden. 

Wer jetzt auch den persönlichen Lieblingskeks in einem Möbelstück, als Gehwegplatte oder Ähnliches verewigt haben möchte, kann Anja Backhaus einfach eine Probepackung nach Hamburg in ihre Werkstatt schicken. Auf ihrer Website www.keks-kunst.de gibt es weitere Infos. 

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