Wir können frei entscheiden, wen wir als Erbe einsetzen. Doch wie können wir sicherstellen, dass unser Geld nachhaltig Gutes bewirkt?
Jan Schipkowski ist Fachanwalt für Erbrecht, Rechtsanwalt und Notar.
Herr Schipkowski, wann sollte man das Testament erstellen?
Die Errichtung eines Testamentes ist grundsätzlich immer sinnvoll. Nur durch ein Testament kann sichergestellt werden, dass das eigene Hab und Gut an diejenigen fällt, die man bedenken möchte. Beim Eintritt der gesetzlichen Erbfolge, wenn also kein Testament hinterlassen wurde, ergeben sich häufig ungewollte Konsequenzen. Daher sollten Testamente auch immer Ersatzerbenregelungen enthalten, falls der benannte Erbe vor dem Erbfall versterben sollte. Auch sollten Testamente möglichst früh errichtet werden, um auch für unerwartete Ereignisse eine Regelung zu treffen.
Sollte man bei der Testamentserstellung immer eine Anwältin oder einen Anwalt zurate ziehen?
Eine Beratung sollte möglichst immer in Anspruch genommen werden. In der Praxis zeigt sich, dass eigenständig erstellte Testamente häufig zwar gut gemeint sind, aber letztlich keinen eindeutigen oder auch einen missverständlichen Inhalt haben. Dies führt häufig zu ungewünschten Ergebnissen.
Manche möchten ihr Haus schon zu Lebzeiten übertragen. Wie können sie sich rechtlich absichern, damit sie in dem Haus wohnen bleiben können?
Zunächst sollte sorgfältig erwogen werden, ob eine lebzeitige Übertragung sinnvoll ist. Es wird häufig nicht bedacht, dass eine übertragene Immobilie nicht mehr veräußert werden kann, der Übertragende also selbst keine Geldmittel mehr generieren kann. Bei der Übertragung kann eine Absicherung des Übertragenden durch Wohn- oder Nießbrauchrechte unmittelbar im Grundbuch erfolgen. Der Übertragende kann sich auch die Rückübereignung der Immobilie bei dem Eintritt bestimmter Fälle vorbehalten, z.B. wenn der Beschenkte vorversterben sollte.
Die Stiftung Naturschutz ist steuerlich begünstigt, richtig?
Als gemeinnützige Organisation ist die Stiftung Naturschutz von der Erbschaftsteuer befreit. Der Gesetzgeber fördert damit gesellschaftliches Engagement und stellt sicher, dass gemeinnützigen Organisationen zugewandte Vermögenswerte in vollem Umfang zu Gunsten der Allgemeinheit eingesetzt werden können.
Tim Kober ist zertifizierter Stiftungsmanager bei der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und Ansprechpartner für Menschen, die ihr Erbe einer Stiftung hinterlassen möchten.
Herr Kober, in welcher Form kann man die Stiftung Naturschutz finanziell unterstützen?
Wir unterscheiden zwischen Spende, Stifterfonds und Treuhandstiftung. Eine Spende kann man zu Lebzeiten überweisen und die wird dann komplett aufgebraucht. Der Stiftungsfonds ist eine Art Sparschwein, das unter dem Dach der Stiftung Naturschutz errichtet und einem bestimmten Zweck gewidmet wird. Eine Treuhandstiftung ist eine eigene Stiftung mit eigenem Gremium, in dem sich ein/e Stifter*in engagieren kann. Allerdings ist der Verwaltungsaufwand auch höher. Sie arbeitet aus ihren Erträgen für die vorgesehenen Zwecke. Man kann außerdem über eine Zustiftung Vermögen in eine bestehende Stiftung geben.
Wie wird das Geld verwendet?
Wir finanzieren daraus Artenschutzprojekte für heimische Tiere und Pflanzen. Wir schaffen damit beispielsweise einen neuen Wald für die bedrohte Haselmaus, Auenlandschaften für den Otter oder kaufen einen Acker, um ihn zur blütenbunten Wiese für Wildbienen und Insekten zu machen.
Wie sollte man das Testament gestalten, damit die Natur einen möglichst hohen Nutzen davon hat?
Wenn man eine gemeinnützige Organisation im Testament bedenkt, würde ich immer dazu raten, das in Form eines Vermächtnisses zu tun. Das kann eine bestimmte Geldsumme sein, aber auch ein Gegenstand oder eine Immobilie. Dann ist ganz klar abgegrenzt, welcher Teil des Erbes an die Stiftung geht, ohne das die begünstigte Organisation selbst Erbin wird. Es kann sonst passieren, das die Stiftung Teil einer Erbengemeinschaft wird, diese zerstritten ist, und der Wille des Erblassers jahrelang nicht verwirklicht werden kann.
Gibt es Richtlinien, an denen sich die Stiftung orientiert?
Unsere Richtschnur ist unsere Satzung, die sogar im Landesnaturschutzgesetz verankert ist. Dort ist unsere Aufgabe festgelegt: Lebensräume für gefährdete Tier- und Pflanzenarten unserer Heimat zu sichern. Wir arbeiten daran, ein Netzwerk von Biotopen zu schaffen, damit Populationen seltener Arten nicht zu klein werden und vor dem Aussterben bewahrt werden.
Warum ist es gut, sein Erbe einer Stiftung zukommen zu lassen?
Stiftungen hat der Gesetzgeber so angelegt, das sie für die Ewigkeit wirken sollen. Die ältesten Stiftungen sind weit mehr als 500 Jahre alt. Alle Flächen, die die Stiftung Naturschutz erwirbt, sind mit der Zweckbindung Naturschutz belegt.Sie können also nicht einfach wieder zu Bauland oder Intensiv-Acker werden.
Fallbeispiele aus der Praxis
Wer mit seinem Eigentum Gutes tun will, möchte auch nach seinem Ableben sicher sein, das es in guten Händen liegt. Wie dafür der Weg über eine Stiftung aussehen kann, wird im Folgenden verdeutlicht.
Beispiel 1: Wir haben ein Haus und die Kinder wohnen weit weg. Um das Haus will sich nach unserem Tod niemand kümmern, das wissen wir. Die Kinder werden wir mit unserem Bankvermögen auszahlen. Wir möchten, dass das Haus nach unserem Tod geräumt und verkauft wird und der Erlös einem gemeinnützigen Zweck zugute kommt. Dies möchten wir schon zu Lebzeiten regeln. Welche Möglichkeiten gibt es, wenn wir bis zu unserem Tod oder bis wir ins Heim müssen, noch in dem Haus leben möchten?
„In diesem Fall wäre zuerst die Frage, ob das Bankvermögen ausreicht, um die Pflichtteilsansprüche der Kinder abzudecken. „Rechtlich gesehen wäre es ohne weiteres möglich, dass hier ein Testament gemacht wird und das Haus nach dem Tod des Längstlebenden an die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein geht“, erklärt Rechtsanwältin Frauke Poppek. Man müsste dem Testament allerdings ein Wohnungs- oder Nießbrauchrecht hinzufügen, damit das Ehepaar unentgeltlich und lebenslang in dem Haus wohnen kann. Die Möglichkeiten, eine Immobilie zu vererben sind vielfältig und komplex. Hier sollte man sich in jedem Fall von einem Anwalt oder einer Notarin beraten lassen. Selbstverständlich kümmert sich die Stiftung im Todesfall dann um die Räumung und den Verkauf der Immobilie.
Beispiel 2: Wir haben unser großes Haus schon verkauft und sind in eine kleine Eigentumswohnung gezogen. Kinder haben wir keine. Nun möchten wir einen Teil des Verkaufserlöses für gemeinnützige Zwecke spenden. Sollten wir das jetzt schon tun oder die Organisation erst in unserem Testament bedenken? Wir wissen ja nicht, ob wir noch in ein teures Pflegeheim müssen.
Natürlich steht die finanzielle Absicherung des Lebensabends an erster Stelle. Es sollte genug Geld zurückbehalten werden, um auch ein Pflegeheim finanzieren zu können. Wenn dann noch freie Mittel vorhanden sind, hilft ein Gespräch mit der gemeinnützigen Organisation, um auszuloten, was das Beste für beide Seiten ist. Steuerlich kann es von Vorteil sein, eine Schenkung zu Lebzeiten auf mehre Jahre zu strecken, oder es besteht der Wunsch sich namentlich mit einem Stiftungsfonds zu verewigen. Natürlich kann die Stiftung dann trotzdem noch als Erbin eingesetzt werden und das vermachte Geld in den eigenen Stiftungsfonds fließen.
„Eine flexible Zwischenlösung, die gemeinnütziges Handeln und sichere Vorsorge für den eigenen Lebensabend in einem vereint, kann auch ein Stifterdarlehen sein. Hierbei gibt der oder die Stifter*in einer gemeinnützigen Stiftung ein zinsloses Darlehen, dessen Erträge für den guten Zweck verwendet werden. Wird die Einlage aus unvorhergesehenen Gründen doch noch von dem Stifter oder der Stifterin benötigt, so zahlt die Stiftung die Einlage zurück“, erläutert Annica Spieß.
Beispiel 3: Meine Frau hat einen Sohn aus erster Ehe mit in unsere Familie gebracht. Leider verstehe ich mich nicht gut mit ihm. In einem Gespräch wurde deutlich, dass er unser Land verkaufen würde, sobald meine Frau und ich verstorben sind – auch die große Wiese mit den Obstbäumen. Er meinte, dass das Land wertvolles Bauland sei und die Wiese daher eine „Verschwendung“. Wie kann ich sicherstellen, dass mein Stiefsohn die Wiese mit den Obstbäumen nach meinem Ableben nicht bekommt?
„Dieser Mann sollte seine Frau nicht zur Alleinerbin einsetzen“, erläutert Notarin Frauke Poppeck. Denn wenn er vor seiner Ehefrau stirbt, beerbt sie ihn. Wenn später auch die Frau stirbt, hat der Sohn auf jeden Fall Ansprüche, würde die Obstwiese bekommen und könnte sie doch als Bauland verkaufen. Es gibt verschiedene Wege, diese Situation zu umgehen. Seine Ehefrau könnte zum Beispiel Erbin werden, aber die Obstwiese vermacht er der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, damit sie nicht in das Eigentum der Ehefrau fällt. Dann erhält der Sohn die Wiese auch dann nicht, wenn die Ehefrau stirbt.
Stiftungsmanagerin Annica Spieß ergänzt: „Gut ist aber immer, mit der gemeinnützigen Organisation, die bedacht werden soll, den Kontakt zu suchen, damit klar geregelt wird, welche Wünsche der Erblasser zum Erhalt der Obstwiese hat – zum Beispiel wie viele Bäume dort stehen sollen – und ob die Organisation das auch erfüllen kann.“