Die Erfolgsgeschichte der berühmtesten Puppe der Welt geht weiter. Im neuen Kinofilm verwandelt sich die ikonische Figur in einen realen Menschen. Was die wenigsten wissen: Die Barbie-Puppe hat ihre Wurzeln in der Hansestadt Hamburg.
Die „Bild-Lilli” aus Hamburg ist die Vorgängerin der wohl bekanntesten Puppe der Welt: Barbie. Eine Schwarz-Weiß-Karikatur von Reinhard Beuthin in der Bild-Zeitung setzte den Grundstein einer Elastolin-Puppe, die sich zu einer wahren Werbe-Ikone entwickeln sollte.
Aufbegehren einer Kessen Karikatur
Die Karikatur, die einst in der Bild-Zeitung zum Lücken füllen gedacht war, entwickelte sich zu einer wahren Erfolgsgeschichte der 50er-Jahre in Deutschland. Lilli kleidet sich trendig. Mit knallrotem Lippenstift, exzentrischem Lidstrich und lockig gestylten Haaren ist sie das Ebenbild der damaligen Frauen. Sie gibt sich frech, trägt die neu gewonnene Freiheit und Euphorie nach draußen. Mit ihren kecken Auftritten in der Bild-Zeitung gewinnt sie an Popularität. Einem Polizisten zum Beispiel, der ihr mitteilt, dass zweiteilige Badeanzüge am Strand verboten sind, entgegnet sie: „Na gut, welches Teil soll ich ausziehen?“ Was heutzutage als besonders schlechter Witz betitelt werden würde, erschien damals als Respektlosigkeit. Mit ihrem bewundernswerten Selbstbewusstsein, ihrer Selbstständigkeit und ihrem kessen Auftreten wird die Bild-Lilli zu einem Vorbild für viele Mädchen und Frauen.
Geburtsstunde des Spielzeugklassikers
Als Reaktion auf die wachsende Popularität der Lilli entschließt sich die Bild-Redaktion kurzerhand dazu, eine entsprechende Puppe hervorzubringen. O. & M. Hausser in Neustadt bei Coburg wird beauftragt, Lilli ein Stück lebendiger werden zu lassen. Nach den KarikaturZeichnungen von Reinhard Beuthin entwickelte Modelleur Max Weißbrodt eine Puppe aus Hartplastik. Die Geburtsstunde eines weltberühmten Spielzeugklassikers, der auch heute noch in vielen Kinderzimmern zu finden ist. Arme, Beine und der Kopf lassen sich bewegen und auch die Outfits können beliebig getauscht werden. Etwa 150 verschiedene Looks entwirft man für die Puppe. 7,50 und 12 D Mark kosten die beliebten Puppen, je nach Größe – gesalzene Preise für damalige Verhältnisse. Zwischen 1955 und 1964 werden rund 130.000 Lilli-Puppen produziert. Egal ob blonde, dunkle oder rote Haare – die auffällig roten Lippen bleiben bestehen.
Auf dem Weg nach Übersee
Nicht nur in Deutschland erfreut sich die Puppe großer Beliebtheit. Über die Grenzen hinaus ist Lilli ein wahrer Kassenschlager. Wie bei den Karikaturen wird von einigen Seiten kritisiert, dass die Puppe zu aufreizend sei. Doch Lilli setzt sich durch – durch Zufall entdeckt Ruth Handler bei ihrem Europaurlaub die umstrittene Puppe in der Schweiz. Die Mitbegründerin des Spieleverlags Mattel ist sofort begeistert. Lilli ist keine der typischen Puppen, so verkörpert sie doch eine erwachsene Frau mit Rundungen und eben kein Baby. Ihr leicht erotischer Touch und die wechselbare Kleidung machen die Lilli-Puppe zu einer echten Besonderheit. So besonders, dass sie auch auf dem amerikanischen Markt etabliert werden soll. Auf einer Spielzeugmesse in New York im Jahr 1959 präsentiert Ruth Handler dann die Barbie-Puppe – das amerikanische Ebenbild der Lilli. Der Name „Barbie” ist offenbar abgeleitet von Handlers Tochter Barbara. Wenige Jahre später kommt die Puppe „Ken“ auf den Markt – so hieß auch Handlers Sohn. Die Ära der Lilli-Puppe geht langsam zu Ende – weiter lebt die Erinnerung an eine norddeutsche Erfindung, die der Vorreiter für eines der beliebtesten Spielzeuge aller Zeiten sein sollte. Mit ihrer Wespentaille, ihren endlos langen Armen und Beinen und üppiger Oberweite ist die Barbie-Puppe, die wir aus unseren Kindheitstagen kennen, theoretisch gar nicht lebensfähig. Durch die unrealistischen Körpermaße repräsentierte sie ein optisches Vorbild, das ebenso unerreichbar wie unmöglich erscheint. Die Puppe hat sich deshalb in all ihren Erscheinungsbildern in den letzten Jahren stark verändert. So arbeiten die Barbie-Puppen mittlerweile nicht nur in vielen männerdominierten Berufen, sondern waren bereits kurvig, hatten andere Hautfarben und verkörperten verschiedene Ethnien. Zuletzt wurde eine Barbie mit Down-Syndrom auf den Markt gebracht. Die menschlichen Abbilder vieler Barbie Puppen zieren nun weltweit auch die Kinoleinwände.
Von Ausbruch und Aufbruch – Barbie im Kino
Von der schillernd-schönen Barbie-Welt ins echte, ungefilterte Leben: Der neue Barbie-Film zeigt, dass hinter der funkelnden Fassade einer Traumwelt nicht alles rosig ist. Wer nicht hübsch genug, nicht perfekt genug ist, wird ausgestoßen. Dieses Schicksal ereilt auch die Plastikpuppe Barbie (Margot Robbie). Gemeinsam mit Ken (Ryan Gosling) macht sie sich auf in die reale Welt und lernt sich selbst und ihre eigenen Stärken besser kennen. Regisseurin Greta Gerwig („Little Women“) und Partner Noah Baumbach („Marriage Story“) haben ein Drehbuch erschaffen, das die immer schöne Blondine von einer ganz anderen Seite zeigt. Kinostart in deutschen Filmtheatern war der 20. Juli 2023