Wie fit ist die Landwirtschaft für die Zukunft?

Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft

Um den Herausforderungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft zu begegnen, startete das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV) ein Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft. Das Ziel ist, Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel aufzuzeigen. Wie wird es angenommen und wie geht es weiter? Lebensart hat nachgefragt.

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Herr Minister Schwarz, wie viel Prozent der Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt und wie viele Betriebe gibt es in Schleswig-Holstein überhaupt?
Schleswig-Holstein ist ein Agrarland. Rund 62 Prozent der Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Fast zwei Drittel der gut 12.000 Betriebe im Land sind Futterbau- oder Veredlungsbetriebe. Bei knapp einem weiteren Drittel der Betriebe handelt es sich um spezialisierte Ackerbau-, Gartenbau,-und Dauerkulturbetriebe.

Was ist der Hintergrund für ein solches Kompetenzzentrum?
Wir wollen mit dem Kompetenzzentrum den Herausforderungen des Klimawandels auf die schleswig-holsteinische Landwirtschaft begegnen. Die Landwirtschaft ist einerseits einer der Hauptbetroffenen des Klimawandels, andererseits trägt sie zur Emission von klimarelevanten Treibhausgasen bei. Die Landesregierung hat sich darauf geeinigt, bis 2040 das erste klimaneutrale Industrieland zu werden. Bei der Erreichung dieses Ziels spielen in der Landwirtschaft verschiedene Faktoren wie beispielsweise Optimierungen im Pflanzenbau und der Tierhaltung, aber auch die nachhaltige Moorbewirtschaftung eine wichtige Rolle. Hier wollen wir ansetzen. Mit dem Kompetenzzentrum schaffen wir einen Rahmen, um Lösungen zu entwickeln und den Wissenstransfer in der Fläche zu beschleunigen. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass unsere landwirtschaftliche Produktion auch in Zeiten des Klimawandels nachhaltig gelingt und sichergestellt ist.

Wie sieht das in der Praxis aus?
Das Kompetenzzentrum soll Landwirtschaft, Wissenschaft, Verbände und Verwaltung zusammenbringen. Es wird ein Raum geschaffenfür den aktiven Austausch über bestehende und neue Projekte sowie Partnerschaften für tragfähige Lösungen einer nachhaltigen und effizienten Bewirtschaftung und Produktion. Diese sollen durch Förderungen unterstützt werden. Dabei steht vor allem die Weiterentwicklung betriebsrelevanter Forschungsthemen und deren Umsetzung in der Praxis im Fokus. Die Etablierung von Modell- und Demonstrationsvorhaben in Schleswig-Holstein sind in diesem Zusammenhang ein zentrales Ziel. Das Kompetenzzentrum organisiert Beratungsformate, Arbeitsgruppensitzungen, Fachtagungen und weitere Veranstaltungen, um neu gewonnene Erkenntnisse zu spezifischen Themen zu vermitteln, Wissen zu bündeln, um dieses dann letztendlich in die Anwendung zu bringen.

Wer sind die Experten, die den Landwirtinnen und Landwirten helfen?
Unterstützt und beraten wird das Klimakompetenzzentrum von einem externen Expert*innengremium. Dazu gehören Mitglieder der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Fachhochschule Kiel, der Technischen Hochschule Lübeck, des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege, der Stiftung Naturschutz, der Naturschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, des Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur sowie des Ministeriums für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz.

Wie ist das Kompetenzzentrum bisher angenommen worden?
Wir haben unter anderem eine Informationsveranstaltungsreihe zur „Zukunft der Landwirtschaft in den Niederungen – Erhalt und Schaffung neuer landwirtschaftlicher Werte“ in der Eider-Treene-Sorge-Niederung auf den Weg gebracht. Schleswig-Holstein steht beim Thema alternativer Nutzungskonzepte von landwirtschaftlich bewirtschafteten Niedermoorflächen erst am Anfang einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion. Um diesen Prozess zu unterstützen, wollen wir mit den betroffenen Landwirtinnen und Landwirten vor Ort in den Dialog kommen. Ziel ist es, gemeinsam nach ökonomisch rentablen Lösungen zu suchen und die Nutzung von Moorgebieten praxistauglich zu gestalten. Dabei muss es darum gehen, Altbewährtes hin zu einer klimaschonenden Landbewirtschaftung weiterzuentwickeln und auch neue Nutzungskonzepte in die Anwendung zu bringen

Werner Schwarz, Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz


“Minister Werner Schwarz: „Ich bin stolz, dass uns dieser Schulterschluss zwischen Landwirtschaft, Naturschutz, Wissenschaft und Verwaltung zu diesem wichtigen Thema gelungen ist. Damit setzen wir gemeinsam ein wichtiges Signal, um unsere Landwirtschaft fit für die Anpassungen an die Folgen des Klimawandels zu machen und dabei zu unterstützen, Treibhausgas-Emissionen weiter zu reduzieren“

Wie ist das Kompetenzzentrum bisher angenommen worden?
Das Kompetenzzentrum hat am 9. Juni seine Arbeit aufgenommen – wir gehen also jetzt in die weitere Umsetzung. Meine bisherige Einschätzung ist, dass die Resonanz sehr positiv ist und wir durch das Kompetenzzentrum in Schleswig-Holstein eine Lücke zwischen Forschung und Praxis schließen können.

Geht es weiter und wenn ja, wie und wann?
Natürlich geht es weiter, wir legen nun erst richtig los. Ein nächster Meilenstein für das Kompetenzzentrum ist, in die strukturierte Förderung von Modell- und Demonstrationsvorhaben zu gehen. Hierzu arbeiten wir gerade an einer Förderrichtlinie.

Welche Themen stehen an?
In der ersten Phase werden wir uns auf die Förderung von zukunftsorientierten Projektideen konzentrieren. Themen wie die Reduktion von Treibhausgasemissionen im Pflanzenbau und in der Tierhaltung stehen aktuell ganz oben auf der Agenda des Kompetenzzentrums. Gleichzeitig versuchen wir, Synergien zur Klimaanpassung stets mitzudenken. Ein gutes Beispiel sind Agroforstsysteme. Solche Baumpflanzungen auf landwirtschaftlichen Flächen fördern die CO2-Bindung und dienen damit dem Klimaschutz. Gleichzeitig haben sie das Potential, die negativen Folgen des Klimawandels abzumildern. Beim Thema Klimaanpassung in der Landwirtschaft ist allerdings noch ein stärkerer konstruktiver Diskurs mit den Akteur*innen im Land erforderlich, um geeignete Anpassungsmaßnahmen für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein zur priorisieren. Hierzu wird das Kompetenzzentrum den erforderlichen Austausch organisieren. Ein weiteres wichtiges Thema ist für uns die Integration dieser Themen in die Berufsschulbildung. Junge Landwirtinnen und Landwirte sollten früh für diese wichtigen Themen sensibilisiert werden, um den gesellschaftlichen Diskurs hierzu mitzugestalten.

Jetzt anmelden
Die Veranstaltung „Zukunft der Landwirtschaft in den Niederungen – Erhalt und Schaffung neuer landwirtschaftlicher Werte“ Teil 4: „Ernte und Anbau von Paludikulturen – Ertragserwartungen und Ansprüche“ auf der Klimafarm in Erfde richtet sich vor allem an Landwirtinnen und Landwirte. Eine Anmeldung ist beim Bildungszentrum für Natur, Umwelt und ländliche Räume (BNUR) unter anmeldung@bnur.landsh.de möglich. Die Veranstaltung findet am 5. September von 9 bis ca. 12 Uhr statt. Weitere Fragen unter klimakompetenzzentrum@mllev.landsh.de.

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