Wenn der Herbst vor der Tür steht, kuscheln wir uns gerne in eine warme Decke und kuschelige Kissen. Ein heißer Tee darf dann natürlich nicht fehlen. Am besten schlürft es sich aus einer Tasse, die in Handarbeit gefertigt wurde. Dithmarschen-Fans, die handgetöpferte Keramik lieben, haben bestimmt schon mal von dem Töpferdorf Tellingstedt gehört. Wir stellen hier die Geschichte des Ortes vor sowie Töpfereien, die dieses Handwerk in Dithmarschen noch aufrechterhalten.

Ein kleines Häufchen Ton landet unförmig in der Mitte der runden Drehscheibe. Sie beginnt, sich schnell zu drehen. Tropfnasse Finger umschließen den kleinen Tonberg behutsam und formen ihn mit geübten Griffen von unten nach oben zu einer bauchigen Vase. Oben wölbt sich der Rand nach außen. Mit dem Ergebnis zufrieden, trennen die Hände den Behälter von der Drehscheibe und platzieren ihn zum Trocknen auf den Regalen, die die Wände säumen. Hier stehen schon viele andere Töpferwerke, die auf ihren letzten Schliff oder den Brand im Ofen warten. So ähnlich wird es bei Heinrich Reimers ausgesehen haben, der 1920 Betreiber der letzten Töpferei in Tellingstedt war. Er blickt auf eine circa 300 Jahre alte Geschichte und Tradition der Töpferkunst zurück, der dieser kleine Ort in Dithmarschen seinen Ruf als Töpferort verdankt. 1680 wurde der Hans Sehmer als erster Töpfer in Tellingstedt urkundlich erwähnt. Aufgrund der reichen Tonvorkommen in guter Qualität, die sich dazu leicht abbauen ließen, siedelten sich nach und nach weitere Töpfereien in dem Gebiet an. 1850 waren es 17 Stück zu selben Zeit. Der gesamte ländliche Raum der Westküste bestückte seinen Haushalt mit diesen hochwertigen Tonwaren. Die Wege und somit der Absatz waren allerdings oft anstrengend und weit.

Heinrich Reimers spezialisierte sich auf Blumentöpfe.

Niedergang der Bauerntöpferei

Mitte des 19. Jahrhunderts erschwerte sich die Arbeit für die Töpfereien. Mit den verbesserten Verkehrsbedingungen stieg die Konkurrenz durch feinere Keramik aus England, Blechgeschirr wurde in Massen hergestellt und durch die Industrialisierung benötigten zum Beispiel Meiereien andere Gefäße. Die Anzahl der Töpfereien sank bis 1900 rapide, bis nur noch drei übrig waren. Das Ende der Bauerntöpferei war besiegelt, 1920 hielt der Betrieb von Heinrich Reimers in der Westerborstelstraße als einziger dieses Handwerk aufrecht. Doch auch hier fanden Veränderungen statt. Die Werkstatt stellte um auf Kunsttöpferei und konnte nur mit finanzieller Unterstützung weitermachen: Um die Töpferei zu erhalten, kaufte der Kreis Dithmarschen sie auf und stellte Reimers zusammen mit drei Malerinnen an.
Besondere Bekanntheit erlangte der sogenannte „Tellingstedter Stil“. Der gelbe Untergrund wurde mit Blumenranken in Dunkelbraun, Rostrot und Grün sowie mit dem Tellingstedter Vogel verziert. Die Motivgebung war sehr spezifisch und der Vogelteller (Hochzeitsteller) von 1747 wurde bis zuletzt in diversen Varianten produziert. Im Jahre 1938 verstarb Heinrich Reimers und sein Altgeselle Otto Thomsen führte den Betrieb weiter bis er in den Krieg musste. Für ein paar Jahre machte das Ehepaar Deventer weiter, bis im November 1949 Marion und Rudolf Bönsch die Töpferei übernahmen und drei Jahre später dem Kreis Dithmarschen wieder abkauften. Zusammen mit ihrer Tochter Sünje Bönsch führten sie die Töpferei zu neuer Blüte bis sie den Betrieb 1999 einstellten. Die ehemalige Gesellin der Tellingstedter Töpferei Petra Piszny setzte ihre Arbeit in ihren Privaträumen fort und ist zurzeit die einzige verbliebene Töpferin in Tellingstedt.

Quelle: www.echt-dithmarschen.de, Ulf Meislahn (Chronist und Autor von „Zu Besuch in der Tellingstedter Töpferei“)

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