Inga Lorenzen ist die Kräuterfriesin aus Nordfriesland. Wer bei dem Wort an eine kleine, alte, buckelige Frau denkt, die in ihrem Garten an Pflanzen zupft, der irrt sich gewaltig. Inga ist eine blonde, aufrechtstehende, schlanke Frau, ihr Lächeln herzlich und vor allem ansteckend. Doch sie kann ihre Finger tatsächlich nicht von Pflanzen lassen. Denn die Kräuterfriesin ist fasziniert von der Natur und dankbar für die Kraft und Hilfe, die ihr zuteilwerden.
Ihre Begeisterung und ihr praktisches Wissen über die kleinen und großen Helferchen am Wegesrand gibt Inga gerne weiter – und zwar in ihren geführten Kräuterwanderungen durch Nordfriesland.
Es ist ein sonniger, warmer Tag in Nordfriesland. Perfekte Bedingungen für eine Kräuterwanderung. Mit einer Gruppe Berufsschülern geht Inga einen schmalen Weg am Flüsschen Mühlenau in Husum entlang. Während die Schüler vor allem Augen für den mitunter temporeichen Fahrradverkehr haben, schreitet Inga gelassen den Weg entlang, ihr Blick ist konzentriert nach unten gerichtet. Nach und nach überträgt sich ihre Entspannung auf die Teilnehmer, die ihren Blick nun eher über das Grün am Wegesrand schweifen lassen. Schon nach wenigen Schritten präsentiert Inga ihren ersten Fund: die Brennnessel. Fast schon ist die Begeisterung, die sie versprüht, greifbar. Der Kräuterfriesin gegenüber stehen die Schüler, still, bewegungslos. Euphorie sieht wahrlich anders aus. Scheinbar lässt der Anblick von Brennnessel nicht jeden in einen Zustand der Entzückung geraten, ist die Pflanze den meisten doch eher als unliebsames Kraut bekannt, die in Kindertagen gerne für brennende Erlebnisse sorgte. Doch eben das mache die Stärke der Pflanze aus, denn die Brennnessel wehre sich und zwar im richtigen Maß, so Inga. Deshalb empfiehlt sie vor allem Allergikern dieses Kraut. „Bei Allergien ist die eigene Wehrhaftigkeit übersteigert. Die Pflanze zeigt uns, was angemessene Wehrhaftigkeit ist“, erzählt Inga, währenddessen sie mit den Finger zart an der Pflanze entlangstreichelt. Denn die Brennhaare können einem nichts anhaben, wenn man mit seiner Hand von unten nach oben entlangfährt. „Und sollte es doch einmal ziehen, ist das Gegenmittel nie weit“, erzählt Inga, kniet nieder, zupft ein Blatt einer Pflanze ab und zerreibt es. Der Saft des Wegerichs lindere den Schmerz, so die Kräuterfriesin. Das hätte man mal als Kind wissen sollen!
Der Funke springt über
So richtig in Fahrt gekommen sprudeln weitere praktische Alltagstipps aus Inga heraus: Die Taubnessel helfe beim Frauenleiden (liebe Leserinnen, Sie wissen, was gemeint ist), die Vogelmiere beim Abnehmen, der Löwenzahn unterstütze die Leber und der Giersch – bei vielen ein unbeliebtes Unkraut – gebe dem Körper Kraft. Mit jedem Schritt und Tipp vergrößert sich nicht nur die Freude der Kräuterfriesin, sondern scheint sich auch das Interesse der Schüler zu steigern. Waren sie vorher eher still und zurückhaltend, stellen sie nun selbst Fragen zur Wirkung ihnen bekannter Pflanzen, wollen wissen, wie das Kraut zu ihren Füßen heißt und suchen nun selbst konzentriert den Boden nach kurz zuvor kennengelernten Pflanzen ab. Scheint die Begeisterung etwa übergesprungen zu sein?
Helfer in der Not
Inga freut sich sichtlich über das Interesse der Teilnehmer und gesteht, dass sie aufpassen muss, sich nicht in Details zu verlieren. Denn die Kräuterfriesin kann stundenlang über ihre grüne Leidenschaft reden. Die tiefe Verbundenheit zur Natur und die große Dankbarkeit gegenüber Pflanzen entwickelte Inga während einer längeren Krankheitsphase. Die Beschäftigung mit den kleinen Helferchen und deren Wirkung unterstützte sie bei ihrer Genesung. „Dennoch sage ich auch, dass die Pflanzenkunde keinen Arzt ersetzt“, so die Kräuterfriesin.
Kleine Überraschung für jeden
Am Ende der Wanderung hat Inga noch für jeden Teilnehmer eine Mappe dabei. In dieser finden Interessierte nicht nur detaillierte Informationen zu den jeweiligen Pflanzen, sondern auch Rezepte zur Zubereitung von Tees und warmen Mahlzeiten. Na dann: guten Appetit und ein Hoch auf die Gesundheit!
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