Auf den Spuren der Römer

Renate und Lars Schucher aus Jübek gehören zu der immer größer werdenden Gruppe Menschen, die Radreisen für sich entdeckt haben. In diesem Sommer war das Ehepaar in den Alpen unterwegs – auf dem Radweg Via Claudia Augusta.

Man ist den ganzen Tag über geflasht von der Landschaft!“, schwärmen Renate und Lars Schucher von ihrem jüngsten Urlaub. „Panorama pur, man möchte die ganze Zeit Fotos machen. Andererseits will man ja aber auch ein paar Kilometer schaffen.” Das Ehepaar aus Jübek verbringt seinen Urlaub gerne aktiv, minimalistisch und vor allem in der Natur. Gerade sind sie von ihrer Sommerreise zurück, die entlang des Radweges Via Claudia Augusta führte. Ein alter Weg über die Alpen, der manchmal noch den Blick auf die von den Römern gelegten Pflastersteine freigibt. Der Radweg gehört zu den schönsten Alpenüberquerungen. Er startet in Donauwörth/ Bayern und endet in Italien: entweder in Altino bei Venedig oder in Ostiglia am Po. „Wir haben die Route allerdings ein bisschen modifiziert, weil wir noch einen Abstecher nach München machen wollten und so begann unsere Radtour in Augsburg”, erzählt Lars Schucher. Ihren Pkw haben die beiden dort auf einem sicheren Park- & Ride-Parkplatz abgestellt und waren von diesem Punkt aus fast drei Wochen mit dem Rad unterwegs – 690 Kilometer. „Wir sind von Augsburg nach Verona gefahren”, strahlt Renate Schucher und präsentiert einen digitalen Ordner mit fast 4.000 Fotos. Sie ist im Hause Schucher diejenige, die die Route plant, informative Videos und Fotos im Netz ansieht und Kartenmaterial studiert. Auf dem Laptop flimmert das Alpenpanorama über den Monitor. Herrlich! Sonnenschein satt, traumhafte Berge und grünblaue Seen.

Einfach spontan sein

Unterwegs sind die Schuchers mit E-Bikes, die sie auch alltäglich nutzen. „Wir haben ganz normale Discounter-Räder”, korrigiert Lars Schucher die naheliegende Vermutung einer professionellen Ausrüstung. „Unsere Räder haben zwar einen Motor, sind ansonsten aber ganz normale Trekkingbikes”, ist der 56-Jährige sehr zufrieden mit dem Equipment, räumt aber ein, dass man bei den richtig heftigen Steigungen erst im fünften Gang spürbare Unterstützung bekommt. Manchmal sei es grenzwertig gewesen, bestätigt auch seine Frau, dennoch hätten die Räder alles prima mitgemacht. Und letztendlich sei es ja auch ihre Entscheidung gewesen, die Steigungen zu fahren. „Man hätte auch den Busshuttle wählen können. Dann hat man es definitiv leichter”, schmunzelt die 55-Jährige. Aber so sind die beiden: Spontan, und ein bisschen abenteuerlustig. Ebenso spontan suchen sie auch ihr Unterkünfte – entweder direkt vor Ort oder einen Tag vorher per Booking.com. „Das klappt in der Regel auch gut, bis auf ein einziges Mal. Da saßen wir auf der Treppe einer Bank und wussten nicht wohin. Wir kamen uns vor wie Maria und Josef auf der Suche nach einer Herberge“, schmunzelt Renate Schucher. Doch die Hilfe nahte in Form eines Einheimischen, der seine Hilfe bei der Suche anbot. Letztendlich ging es in ein teures Hotel oben an einem Hang. „Aber die Aussieht war jeden Cent wert“, lacht das Ehepaar.

Vier Stunden nur bergauf

„In den Beschreibungen wird der Radweg Via Claudia Augusta gerne als leichteste Alpenüberquerung dargestellt”, erläutert Renate Schucher, „das stimmt auch, allerdings nur wenn man die Höhensteigungen mit dem Busshuttle überquert. Wir sind aber den ganzen Weg – inklusive der Steigungen – gefahren – mitsamt unseres Gepäcks! Manchmal war es grenzwertig”, erinnert sie sich an die Tour durch den Fernpaß, der quer durch den Wald führte – mit 18 prozentiger Steigung. „Vier Stunden sind wir nur bergauf gefahren. Da ist man froh, wenn man endlich oben ist und möchte den ganzen Tag dort bleiben”, sagt sie. Der Ausblick jedoch sei ein einziger Traum gewesen und jeden Schweißtropfen wert, und spätestens am Abend beim guten Essen und dem gepflegten Glas Wein mit Blick auf einen der tiefblauen Bergseen sei die Tortur vergessen gewesen. „Die restlichen Etappen waren einfach und konnten oft sogar ohne elektrische Unterstützung gefahren werden“, berichten die beiden.

Kombinierbare Kleidung

Pro Tag haben die Schuchers 40 bis 80 Kilometer geradelt; immer dabei ihr 20 kg-Gepäck mit dem Notwendigsten. „Wir fahren ganz entspannt, schließlich haben wir Urlaub. Und wir sind spontan”, erzählen die beiden. „Wenn wir einen Bachlauf queren, halten wir durchaus mal kurz an und baden unsere Füße darin. Oder wir springen in einen der wunderschönen Bergseen. Manchmal waren wir ganz allein in der Natur, einfach traumhaft”, schwärmt Renate Schucher und gibt Tipps für die Garderobe: „Man braucht nicht viel. Die Kleidung sollte gut kombinierbar sein.” Eine Trekkinghose zum Beispiel lässt sich sowohl lang- als auch kurzbeinig tragen. „Eine Hose mit zwei Looks, die auch als Abendgarderobe dienen kann – perfekt”, sagt sie. Sie selbst schwört auf T-Shirt und Leggins mit Spitze, dazu einen Rock. „Und schon ist man stadtfein für das Restaurant oder den Bummel durch Verona.” Während sie mit dem Fahrrad unterwegs sind, tragen die beiden ihre Radlerhosen. „Unbedingt mit gutem Polster”, wissen sie aus Erfahrung, denn schließlich müssen die Gesäßknochen in diesen Wochen so einiges mitmachen.

Die nächste Tour

„Die jüngste Tour war unsere bislang schönste. Die Natur, die Baukultur, das Wetter – es stimmte alles”, sind sie sich einig und überlegen bereits jetzt, wohin es im nächsten Jahr gehen soll. In der engeren Wahl sind derzeit drei Touren: vom Genfer See nach Marseille und weiter bis Monaco (700 Kilometer), mit dem Rad durch Kroatien oder von Venedig nach Rom (612 Kilometer). Tendenziell wird es wahrscheinlich Italien werden, denn „das Land hat einfach unglaublich viel Flair und eine tolle Baukultur”, findet Lars Schucher. Erfahrungen haben die beiden während der Corona-Jahre mit Touren auf dem Elberadwanderweg, dem Gurkenradweg (Spreewald) und entlang des Alpe-Adria-Radweges gesammelt. „Wir werden immer besser und auch immer experimentierfreudiger”, resümiert Lars Schucher, der den Weg Via Claudia Augusta empfehlen kann. Allerdings würde er nicht mehr im Juni/Juli fahren, sondern wegen der sehr sommerlichen Temperaturen lieber im Mai. Die Rückreise nach Augsburg haben die Jübeker mit dem Zug absolviert. „Das hat prima funktioniert, es gab sogar eine deutschsprachige Servicestation in Verona.” Wer Näheres zu der Tour wissen möchte, darf die Eheleute gerne anschreiben unter lars-schucher@freenet.de.

Das Gepäck…
… besteht aus wasserdichten Multifunktions-Fahrradtaschen mit Regenüberzieher (3er System mit oberer Tasche und Seitentaschen), Regenkleidung (Cape, Hose, Schuhüberzieher), Waschmittel in der Tube, Turnschuhen, Sandalen, Flip Flops, Trekkinghose, 2 Radlern mit gutem Polster, 5 FahrradT-Shirts, Radweste, Rock, Leggins, 2 kurze Hosen, Slips, Badehose/ Bikini, Mikrofaser-Handtuch, Helm sowie Kulturtasche mit kleinen Flaschen (zum Umfüllen), Rasierschaum, Deo, Parfüm, Sonnenmilch, Mückenmittel After Bite. Außerdem Trinkflasche, Lenkertasche für Handy, Papiere und Portemonnaie, EC-Karte, 300 Euro Bargeld, kleines Taschen-Tagebuch, Selfie-Stick.

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