Schaffe, schaffe, Häusle baue…. Was so schwäbisch-niedlich klingt, ist ein wahrer Knochen- und Nervenjob. Denn: Der Weg zum Traumhaus ist leider mit Realität gepflastert.

April: Der Wunsch

Ein kleines, gemütliches Holzhaus sollte es werden, Platz für eine fünfköpfige Familie und möglichst umweltschonend. Als wir uns entschieden, noch mal neu zu bauen, staunten wir zuerst über die Auswahl an Häusern: Alles schien möglich. Plant man konkreter, werden viele Grenzen gesetzt: Bebauungsbestimmungen, Grundstücksgröße und vor allem von der Bank. Hat man aber erst die Außenlinien eines Hauses den Vorschriften angepasst, ist beim Innenausbau viel Spielraum – wenn die Baufirmen einen lassen. Unsere Firma aus Husum punktet mit typisch nordfriesischen Eigenschaften: Nich‘ lang schnacken, sondern machen. Meine am Küchentisch entworfenen Grundrisse wurden ohne viel Gesabbel und Schnickschnack von der Bauzeichnerin plietsch umgesetzt. Aus einem Notizzettel entstand ein professioneller Plan. Tipp: Im Vorweg so detailliert wie möglich planen. Unser Bett ist z. B. 2 x 2 Meter. Die Nachttische jeweils 50 cm breit. Also wurde die Schlafzimmerwand mit exakt drei Meter Breite geplant.

Juni: Plötzlich Bauherr

Kaum hat man den Vertrag mit der Baufirma unterzeichnet, ist man „Bauherr“. Klingt herrschaftlich, wichtig und suggeriert, man hätte jetzt die Macht. Tatsächlich bedeutet das vor allem, dass man alles bezahlen muss.

Juli: Fundamente schaffen

Der Bauantrag ist durch, es kann los gehen. Das Grundstück wird beackert, Erde abgetragen, Sand aufgefüllt, Schnüre gespannt. Die Bodenplatte wird gegossen, herausragende Rohre lassen erahnen, wo mal Küche und Badezimmer entstehen sollen.

August: Das Haus kommt!

Der 16. August ist rot in unserem Kalender angestrichen: Unser Haus wird geliefert! Ein Kran hebt riesige Pakete mit langen Brettern vom LKW. Mit Sekt, Schnittchen, Familie und Freunden schauen wir zu. Am Ende des ersten Tages sind die Wände schon gut einen Meter hoch. Ab jetzt geht es sehr schnell: Unser dreiköpfiges Bauteam sägt und hämmert, täglich sind tolle Fortschritte zu sehen. Am 2. September ist schon Richtfest. Hausbau macht Spaß!

Oktober: Unterschlüpfen

Aus dem alten Haus sind wir ausgezogen, für zwei Wochen wohnen wir in einem Ferienhaus, anschließend dürfen wir mit Kind und Kegel im Gästezimmer der neuen Nachbarn unterschlüpfen. Unsere Bau- Euphorie wird gedämpft, der Innenausbau zieht sich in die Länge. Der Maler ist kurzfristig abgesprungen, fast alle Handwerkerfirmen sind den Rest des Jahres ausgebucht. Wenigstens können wir mittlerweile das erste Bad benutzen. Dafür ist der Garten fertig: An zwei Tagen wird die Hecke gepflanzt, Rollrasen verlegt und ich habe ein Beet gefüllt. Nächstes Frühjahr soll es schon blühen.

November: Endlich Einzug

Die meisten Zimmer sind gestrichen, wir können Möbel aufstellen, die Küche aufbauen und es uns gemütlich machen. Die Aufteilung der Zimmer passt perfekt und unser Wunsch nach Wärme und Gemütlichkeit hat sich erfüllt: Das Holzhaus ist super gedämmt, es herrscht eine wohlige Atmosphäre. Endlich wieder im eigenen Bett schlafen … Zumindest eine Woche lang, dann kommt ein böses Erwachen: Unser Schlafzimmer steht unter Wasser! Bereits seit Wochen läuft Warmwasser in die Wand und Bodenplatte. Wir müssen das Schlafzimmer komplett räumen, Parkett wieder rausreißen. Die nächsten drei Wochen dröhnen rund um die Uhr Trockner im Haus.

Dezember: Oh Tannenbaum …

Endlich, das Haus ist wieder trocken, wir ziehen zurück ins Schlafzimmer und haben den Schock mit viel Rotwein weggespült. Fast alle Kisten sind ausgepackt, Bilder hängen an der Wand, es ist wohnlich und gemütlich. Der Tannenbaum kann kommen und wir bereiten die große Festtafel für Heiligabend vor. Vom Schuppen stehen zwar nur die Wände, die Fensterlaibungen sind noch nicht verkleidet und das zweite Bad wartet auf den Maler. Wir gönnen uns jetzt eine Verschnaufspause und schieben die restlichen Arbeiten auf das nächste Jahr.
 


Survival-Tipps für Hausbauer

1. Lass‘ andere machen Eine Ikea-Küche kann man gut selbst aufbauen – wenn man bereits wohnt, keine Kinder hat und eine Woche Urlaub. Mitten im Neubau-Endspurt aber ist es anstrengend, die Zeit, Kraft und Geduld dafür aufzubringen. Genau wie bei anderen Arbeiten: Einen Zaun setzen, streichen, den Garten anlegen, Innentüren und Fensterbänke einsetzen usw bekommen Hobbyhandwerker bestimmt selbst hin. Kommt aber alles zusammen und das unter Zeitdruck, muss man Aufgaben delegieren.

2. Es kann nie genug Kalorien geben Helfer helfen meist nur, so lange es auch Spaß macht. Also verwöhnen Sie sie! Man kann auf einer Baustelle gar nicht genug Kaffee, Kuchen, Suppen, Schnittchen, Naschis und Getränke haben. Liefern Sie dazu gute Musik und zum Feierabend auch mal Bier und Sekt. Berücksichtigen Sie Punkt 2 und bitten Sie Verwandte, eine Suppe oder Kuchen vorbei zu bringen. Nicht jeder möchte hämmern oder streichen – Verpflegung zu liefern, ist genau so eine wertvolle Unterstützung.

3. Seien Sie vor Ort Ohne sie geht nix und mit ihnen steht und fällt die Freude am Bau: die Handwerker. Das Miteinander nicht immer einfach. Handwerker murmeln ständig Fachbegriffe, die Sie noch nie gehört haben und nach dem Einzug wieder vergessen haben werden. Fragen Sie nach, bis Sie es wirklich verstanden haben. Seien Sie so oft wie möglich auf der Baustelle. Lassen Sie sich erklären, was gerade gemacht wird und warum. Auch wenn Sie nicht viel vom Bau verstehen, Ihre Anwesenheit wird sich positiv auf die Qualität der Arbeit auswirken. Wer seinen Job nicht für die Bauzeit aussetzen kann, sollte sich um einen Vertreter bemühen. Vielleicht hat ein Pensionär aus der Familie Zeit und Lust, vor Ort zu sein. Und versorgen Sie auch die Handwerker gut! Kaffee, Brötchen und Kuchen heben Motivation an jedem Arbeitsplatz.

4. Rechnen Sie genau Besuchen Sie mal eine Baumesse, da gibt es tolle Sachen: neue Heizsysteme, eigene Stromgewinnung oder gleich eine autarke Energieversorgung. Die Kostenaufstellung der Anbieter sehen immer toll aus: Nach spätestens 20 Jahren hat sich die teure Anschaffung gelohnt und man zahlt monatlich weniger für Strom, Heizung oder Wasser. Was bei diesen Aufstellung oft fehlt, sind die Nebenkosten, die dazukommen. Eine Photovoltaik- Anlage muss z. B. jährlich gewartet werden. Das kostet bei einem Einfamilienhaus rund 200 Euro. Hat man das Geld für die Anlagen nicht übrig, kommen auch Kredit-Zinsen dazu. Wir haben uns z. B. für eine teure Erdwärmepumpe entschieden. Damit sind wir unabhängig von Gas und Öl, zahlen aber Stromkosten für den Betrieb der Pumpe. Laut einer Tabelle auf www.energiesparen-imhaushalt. de sparen wir voraussichtlich damit erst ab dem 21. Betriebsjahr gegenüber Gas- oder Ölheizung. Unsere Entscheidung trafen wir in diesem Fall aus Idealismus.

5. Hängt das Glück vom Türknauf ab? Selbstreinigende Toilette oder beheizbare Badewannen – kaufen kann man vieles. Verkäufer machen Ihnen gerne die teuersten Sachen schmackhaft. Wasserhähne z. B. gibt es zwischen 3.000 und 50 Euro. Natürlich muss man sich nicht allen Luxus verkneifen. Wir haben uns bei jeder Entscheidung die Frage gestellt, ob uns dieser Türknauf, Lichtschalter, Badewannenstöpsel etc. wohl in drei Jahren noch glücklich macht. Die ehrliche Antwort war meistens nein.

6. Es gibt immer ein Später „Würd ich lieber gleich mit machen, später is´schlecht …“ Wenn Sie diesen Satz zum 20. Mal hören, denken Sie bitte an mich. Firmen wollen Ihnen am liebsten alles gleich einbauen (Nur so können sie auch gleich abkassieren). Vieles kann man aber nachrüsten, wenn man es denn noch braucht. Auf vieles kann man auch verzichten. Wir haben z. B. bei der Renovierung des alten Hauses unter Putz Leitungen für Lautsprecher im Wohnzimmer legen lassen. Die Lautsprecher wurden nie gekauft, dafür baumelten sechs Jahre lang nicht unbedingt dekorative Kabel aus der Wand. Vertrauen Sie darauf, dass weniger oft mehr ist.

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