Für zwei Wochen ist dieser Bulli jetzt unser Zuhause.
Mit Blick aufs Meer: Manchmal übernachten wir ohne festen Stellplatz direkt an der Küste.

Morgens bade ich im Meer – keine anderen Camper in Sicht. Max schläft noch. Ich sehe einen zerbeulten Lastwagen die Straße auf unseren Stellplatz zurumpeln. Es ist ein Obstwagen. Max kommt aus unserem Bus. Er kauft Orangen. Einen großen Sack. Der ältere Portugiese und er unterhalten sich mit Händen und Füßen – sie lachen. „Was hat er gesagt?“, frage ich. „Keine Ahnung, aber nett war er“, sagt Max. Die Orangen sind herrlich saftig.

Wir fahren mit dem Bulli durch Portugal, einem T3, mindestens 40 Jahre alt und maximal 60 km/h schnell. Wir haben Salz auf der Haut und Sand in den Haaren, wir schlafen auf einer schmalen Matratze und der Klang der Musik aus dem Autoradio ist kratzig – garantiert kein Luxusurlaub, aber perfekt für uns.

Dann eben frischen Fisch vom Campingkocher. Grillen ist
hier verboten, da es in der Region häufiger zu Waldbränden kommt.

Zu Hause in Deutschland trennen uns im Alltag 800 Kilometer. Max arbeitet in Bayern. Ich in Kiel. Vielleicht gerade wegen der Fernbeziehung wollen wir uns im Urlaub nah sein können, gemeinsam Abenteuer erleben und Sonne tanken. In Lagos im Süden Portugals haben wir den Bulli gemietet. Von Suncampers – einer Truppe von Auswanderern, die die Busse liebevoll und individuell mit Holz und viel Kreativität ausbauen. Das Mieten geht ganz einfach online. Im Vorwege haben wir uns aus der Flotte sogar denjenigen Bulli ausgesucht, der am besten zu uns passt. Da jeder Bus ein echtes Einzelstück ist, variiert die Einrichtung abgesehen von der Grundausstattung. Es gibt keine großen Aufdrucke oder Logos. Das ist toll, denn so fühlen wir uns nicht ganz wie Touris und sind etwas anonymer unterwegs.

Unterwegs mit Basilikum
Wir wollen Land und Landschaft sehen. Eine feste Route haben wir nicht. Johannes, einer der entspannten Jungs von Suncampers, übergibt uns den Bus. „Mit diesem Schätzchen werdet ihr genug Zeit haben, euch alles ganz genau anzuschauen,“ sagt er und lacht. Wir fahren einfach los, halten uns Richtung Norden bis hoch nach Lissabon, auf der Suche nach einem Abenteuer – wir rumpeln über Sandwege, schlagen an der Küste unser Nachtlager auf und genießen den Sonnenuntergang durch die Heckklappe.
Für zwei Wochen ist der Bus jetzt unser Zuhause. Über dem Handschuhfach auf der Frontablage ist ein Kasten aus Holz festgeschraubt, in dem drei Blumentöpfe Platz finden. Der Basilikum schaukelt beim Fahren hin und her und wenn es besonders rumpelt, duftet es.

Urlaub auf Rädern
Als wir unseren Urlaub planten, stand bereits fest, dass wir nicht im Hotel wohnen wollten, das Reisen nur mit dem Rucksack uns allerdings zu anstrengend ist. Wir wollten mobil sein und trotzdem einen festen Platz zum Schlafen haben. Die ersten Tage übernachten wir an einsamen Stränden und Buchten an der Küste. Als ein Sturm aufkommt, treibt es uns ins Hinterland von Alentejo. Dicht bewachsene Korkeichenwälder und sich bergauf schlängelnde Straßen, urige Bergdörfer und völlige Abgeschiedenheit erwarten uns hier. In den kleinen Läden von Monchique können wir gestrickte, dicke Pullover kaufen und eine Metzgerei bietet die Spezialität der Region an: Enchidos Tradicionais – würzige Wurst vom schwarzen Schwein. Wir übernachten auf einem Campingplatz in der Nähe. Da es in dieser Region häufiger zu Waldbränden kommt, ist das Grillen verboten. So brät der Fisch eben auf dem Campingkocher.

Auf der Frontablage ist ein Kasten für Blumentöpfe angeschraubt. Frische Kapuzinerkresse für unsere Mahlzeiten und Basilikum haben wir immer dabei.

Im Bus gibt es alles, was wir brauchen. Eine Solaranlage ist auf dem Dach installiert und sorgt dafür, dass tagsüber ein kleiner Kühlschrank betrieben wird. Fließendes Wasser zum Abspülen wird über eine Pumpe geliefert. Der Wassertank befindet sich unter dem Bett. So ist es möglich, auch ohne festen Stellplatz an den Küsten zu übernachten. Die wirklich zahlreichen und schönen Campingplätze bieten aber den Luxus einer festen Dusche und Toilette. Fast in jedem Ort gibt es auch kleine Stellplätze, auf denen Reisende umsonst oder für wenig Geld duschen, Strom nutzen, den Wassertank auffüllen oder Abwasser entsorgen können.

Wir surfen! Unser Lehrer Roger zeigt uns, wie es geht.

Portugal im Frühling
Das Wetter wird besser. Wir fahren zurück an die Küste. In Odeceixe buchen wir eine Surfstunde. Am Strand treffen wir unseren Lehrer Roger, ein cooler Portugiese in den Dreißigern. Zuerst üben wir im Sand. Dann kämpfen wir uns durch die hohen Wellen. Ob das eine gute Idee war? Doch dank Rogers Hilfe stehen wir schnell auf den Brettern – wir surfen! Nach eineinhalb Stunden sind wir zwar völlig erschöpft, aber glücklich. Anschließend liegen wir im Bulli auf der dünnen Matratze und essen Spaghetti Carbonara. Der Regen trommelt auf das Busdach. In Portugal kann das Wetter im Frühling noch etwas widerspenstig sein. Manchmal ist es sehr frisch und wir müssen eine Mütze tragen, im nächsten Moment verbrennen wir uns das Gesicht. Trotzdem ist es eine wunderbare Zeit, um hierher zu fahren. Wir liegen nicht bei 40 Grad am Strand, sondern erleben das Land mal anders. Außerdem sind die Küstenhänge zu dieser Jahreszeit in farbenfroher Blüte, die Korkeichenwälder tiefgrün und die Dörfer nahezu touristenfrei.
In Salema folgen wir versteinerten Dinosaurierspuren. Da nichts ausgeschildert ist, müssen wir ein wenig suchen, aber schließlich finden wir die rund 140 Millionen Jahre alten, riesigen Fußabdrücke in den Felsplatten an der Küste. Zwischen Lagos und Vila do Bispo besuchen wir die Casa da Buba und dürfen uns Rodrigo Pintos Hundezucht ansehen. Wir lernen eine Menge über die besondere und alte Rasse der Wasserhunde, die von den portugiesischen Entdeckern in alle Teile der Welt gebracht wurde. Wasserhunde sind Vorväter vieler bekannter Hunderassen, zum Beispiel stammen Neufundländer und Pudel von ihnen ab. Nach dem Besuch freuen wir uns auf das Abendessen. Es gibt frische Sardinen, nur mit Knoblauch, Öl und Salz gebraten. Fisch und Gemüse lassen sich in fast jedem Ort auf dem lokalen Markt kaufen.

Unsere Mahlzeiten genießen wir unter freiem Himmel.

Bis nach Lissabon schaffen wir es mit unserem alten Schätzchen nicht. Schließlich muss der Weg zurück auch mit eingeplant werden. In Höhe von Alcacer do Sal kehren wir um. Eine letzte Schotterpiste, ein letztes Mal hakt der erste Gang. Wir sind zurück in Lagos. Wehmütig geben wir den Bus zurück – die letzte Reise mit einem Bulli ist es für uns nicht gewesen.

 

Olá Portugal – Wissenswertes über Land & Leute

It’s tea time!
Ohne Katharina von Braganza gäbe es vermutlich die typisch britische Teatime nicht. Denn es war die portugiesische Infantin, die aufgrund ihrer Hochzeit mit dem englischen König Karl II. den Tee, den sie so sehr mochte, im 17. Jahrhundert auf die Insel brachte.

Singen vom Schicksal
Was man den mitunter traurig sehnsüchtigen Klängen dieses portugiesischen Musikstils schon anhört, spiegelt sich auch im Namen wider. Das Wort fado geht auf das lateinische fatum zurück, und das bedeutet: Schicksal.

Kunstvolle Wandverzierungen
Den Mauren zu verdanken ist der unverwechselbare Kachelschmuck Azulejo. Ob in Palästen oder Innenhöfen, Türen oder Fenstern – diese blau-weißen Wandkacheln gehören zum Stadtbild einfach dazu. Häufig sind Blumen-, Vögel- und Schiffsmotive verarbeitet.

Den Morgen versüßen
Allein schon wegen der Pastel de Nata ist Portugal eine Reise wert. Die Mönche des Stadtteils Belém in Lissabon begannen früh, vermutlich bereits vor dem 18. Jahrhundert, mit der Herstellung der Blätterteigtörtchen mit Cremefüllung. Ebenfalls früh kann man sich heutzutage der süßen Köstlichkeit hingeben. Am Morgen trifft man auch Portugiesen in den Cafés an, da sie lieber auswärts frühstücken: Frischer Kaffee, dazu ein Pastel de Nata und die Arbeit kann losgehen.

Portwein: Erfindung der Engländer?
Und wenn wir schon bei den Engländern sind: Die gehören nicht nur zu den Hauptkonsumenten des Portweins, sie meinen auch, sie hätten ihn im 17. Jahrhundert erfunden, indem sie dem Wein aus der Douro-Region Brandy hinzugefügt hätten, um zu verhindern, dass er beim Export nach England sauer wird. Die Portugiesen halten entgegen, schon in der Hochzeit der Seefahrerei habe es einen Prozess gegeben, der die Gärung stoppte und so die Süße der Traube behielt.

3000 Kilometer Küste
Es mag zwar verwunderlich klingen, doch obwohl das Land recht klein ist, verfügt es über Tausende Küstenkilometer. Grund: Neben dem Festland (ca. 950 Kilometer Küste) gehören auch die Inselgruppen von Madeira (ca. 250 km) und die Azoren (ca. 670 km) zu Portugal.

Der reichste Portugiese ist …
… nicht etwa Cristiano Ronaldo, sondern Américo Amorim. Das US-Magazin Forbes schätzt sein Vermögen auf 3,8 Milliarden Euro. Reich geworden ist der 1934 in Mozelos geborene Portugiese durch das Geschäft mit dem Kork, das er mit 19 Jahren von seinen Eltern übernahm.

Älteste Buchhandlung der Welt
1732 hat die Livraria Bertrand in Lissabon eröffnet, und ist seitdem durchgehend in Betrieb. Das brachte der ältesten Buchhandlung der Welt im Stadtteil Chiado auch einen Guinnessbuch-Eintrag.
Adresse: Rua Garrett 73-75, Chiado, Lisboa

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