© Sergej Melnikow / Fotolia.com

von Jens Mecklenburg

Anzeige

Keinem Fest wird in Büchern so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie der Hochzeit: Vom Ehevertrag bis zur Tischdekoration, vom Polterabend bis zur Hochzeitsnacht wird alles ausgebreitet. Schon in früheren Zeiten wurden Braut und Bräutigam allerhand seltsame Vorschriften gemacht. Im „Handbuch des guten Tones und der feinen Sitte“ von 1922 heißt es zum Beispiel: „Lache als Braut nicht auf dem Wege zum Altar, weine aber auch nicht zu rückhaltlos während der Traurede. Das ist für den Bräutigam nicht schmeichelhaft.“ Heute kommen die Ratschlägeå« zwar zurückhaltender daher, doch haben alte und neue Hochzeitsratgeber eine Gemeinsamkeit: Dem Thema „Speis und Trank“ wird wenig Aufmerksamkeit geschenkt, es bleibt Nebensache. Als ob „am schönsten Tag im Leben“ nicht gegessen und getrunken wird. Dabei wird bei Hochzeiten rund um den Globus üppig getafelt und zünftig gebechert.
In unseren Breiten musste der Bräutigam früher ein Fass Branntwein und ein Ferkel zum Braten spendieren. In Schleswig-Holstein wurde dieses Ritual „Farkenverteern“ (Ferkelverzehren) genannt. Bei armen Hochzeiten war es Sitte, dass die Braut von Dorf zu Dorf zog, um die für die Feier nötigen Speisen und Getränke zu erbitten. Auch bei reichen Hochzeiten trugen die Dorfbewohner zum Hochzeitsessen bei, aber den Löwenanteil spendierten die Eltern des Paares.

Obwohl die Norddeutschen im Allgemeinen ja eher nüchtern zu Werke gehen, war das Hochzeitsfest eine Gelegenheit, einmal so richtig die Sau rauszulassen. Es wurde mitunter so viel aufgefahren, dass sich manche Familien hoch verschuldeten. Solch „verderblicher Hochmut“ wurde schließlich von den Landesherren verboten. Dabei war doch schon im alten Rom ein opulentes Mahl ein überaus wichtiger Bestandteil eines Hochzeitsfestes. Die Verschwendungssucht nahm teils solche Ausmaße an, dass Kaiser Augustus ein Gesetz einführte, das die Höhe der Ausgaben auf immer noch üppige 100.000 Sesterzen beschränkte. Heute entscheidet in vielen Fällen der Kreditsachbearbeiter über die Größe des Festes, am besten Sie laden ihn gleich mit ein.

Suppenhochzeit
In vielen ländlichen Gegenden ist eine Hochzeit ohne Hochzeitssuppe nicht vorstellbar. Sie soll dem jung vermählten Paar Kraft für die Ehe geben. Nicht, dass die traditionelle Bouillon vom Rind mit Fleischeinlage, Gemüse, Fleisch- und Mehlklößen besonders raffiniert ist, aber sie sättigt immerhin eine große Menge von Gästen. Im Alten Land bei Hamburg pflegte man früher eine Anzeige in die Tageszeitung zu setzen, in der alle zur Hochzeit eingeladen wurden, „die mitfeiern wollen“. Interessenten kamen, zahlten einen kleinen Beitrag in die Festtagskasse und nahmen an der Suppenhochzeit teil. Schnell kamen bei solchen Gelegenheiten bis zu 500 Personen zusammen. Die Gäste brachten sogar ihren eigenen hölzernen Löffel mit.

Für Traditionalisten darf natürlich auch die Hochzeitstorte nicht fehlen, seit der Antike Symbol für Glück, Fruchtbarkeit und Wohlstand. Bei diesen Konditorkunstwerken mit möglichst zahlreichen Etagen geht das kitschige Aussehen mit einem süßen Geschmack einher.

Lange vor der Hochzeit müssen sich Brautleute und (Schwieger-)Eltern kulinarisch geeinigt haben: Ein einfaches Mittagessen im kleinen Kreis? Ein großes Abendessen? Ein Empfang mit Schnittchen? Ein opulentes Diner mit anschließendem Ball?

© Annie Gray

Wer sich für die kleine Form entscheidet – Hochzeit mit Trauzeugen und Eltern im Standesamt und anschließendem intimen Essen im Lieblingsrestaurant – muss sich nicht schämen. Im Gegenteil – jene Hochzeitsleute haben Goethe auf ihrer Seite. „Unter allen Festen ist das Hochzeitsfest das unschicklichste; keines sollte mehr in Stille, Demut und Hoffnung begangen werden als dieses,“ heißt es in „Wilhelm Meisters Lehrjahren“.Die festlichste Art, eine Hochzeit zu feiern, ist ein Diner mit anschließendem Tanz, bei dem viele Gäste um eine Tafel oder mehrere Tische versammelt sind und den besonderen Tag gemeinsam mit dem Brautpaar bei köstlichen Speisen und erlesenen Getränken genießen. Hierbei sollten Sie nicht sparen, Sie sparen ja auch nicht beim Kauf des Hochzeitskleides.

Da die wenigsten Haushalte über ein Schloss nebst Koch verfügen, bietet es sich an, in einem Hotel oder Restaurant zu feiern. Sie sollten das anvisierte Etablissement aber vorher ausprobieren. Entspricht die Küche Ihren Erwartungen? Versteht der Koch etwas vom Kochen – leider keine Selbstverständlichkeit – und kocht er mit frischen Produkten? Besonders Häuser, die für große Gesellschaften ausgelegt sind, arbeiten gerne mit Fertigprodukten, was sie ihren Gästen schamhaft verschweigen. Also, Vorsicht!

Freunde und Bekannte mit köstlichen, raffinierten Speisen zu verwöhnen, hat eine lange Tradition. Anlässlich der Hochzeit von Jérôme Bonaparte, dem jüngsten Bruder von Napoleon, mit Friederike-Katharina von Württemberg im Jahre 1807 wurden den Gästen 76 Gänge serviert. Heute genügen für ein Hochzeitsessen fünf davon: Suppe, Fisch, als Zwischengang zur Entspannung des Magens ein Sorbet, Fleisch und Dessert. Es folgen Espresso und Digestif. Gegen ein paar selbst gemachte Pralinen zum Kaffee ist natürlich nichts einzuwenden. Auch beim Wein sollten Sie nicht sparen. Wenn es gut geht, feiern Sie dieses Fest schließlich nur ein Mal. Zur Begrüßung der Gäste liegen Sie mit einem Glas Champagner immer richtig. Seine Erfindung haben wir dem Einfallsreichtum des Dom Pierre Perignon, um 1700 Kellermeister der Benediktinerabtei von Hautvillers, zu verdanken. Als er den perlenden Wein zum allerersten Mal kostete, war er der Meinung: „Ich trinke Sterne!“ Nichts passt also als festlicher und vergnüglicher Appetizer besser.

“Ein gutes Essen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen des Festes. Damit Sie später sagen können: „Unsere Hochzeit war lecker!“

Vorheriger ArtikelEin Bulli für’s Herz
Nächster ArtikelEinmal Januar bitte!