Für die Rehe beginnt im Mai eine schöne Zeit, denn sie haben Nachwuchs. Doch die kleinen Kitze, die versteckt im hohen Gras liegen, sind in großer Gefahr …

Sie sind sanftmütig und wunderschön anzusehen. Unsere heimischen Rehe erobern die Herzen der Menschen im Sturm. Für die Ricken jedoch beginnt im Mai eine schwere Zeit, denn neun bis zehn Monate nach der Paarung bekommen sie ihren Nachwuchs. Und den legen sie gerne auf unseren Wiesen ab, die ziemlich genau zu diesem Zeitpunkt gemäht werden.

Was viele nicht wissen: Die Kitze, wie der hübsche Nachwuchs mit den weißen „Bambi-Flecken“ genannt wird, bleiben dort liegen, wo die Ricke sie abgelegt hat. Sie rühren sich nicht vom Fleck, denn die Mutter kommt nur zum Säugen und muss sie schließlich wiederfinden. Da die kleinen Kitze noch keinen Eigengeruch haben, sind sie so im hohen Gras gut vor Fressfeinden geschützt – allerdings nicht vor dem Mähdrescher. Und ein Landwirt oder Lohnunternehmer – hoch sitzend im Führerhaus seines Mähers – kann die kleinen Körper nicht sehen. Dadurch ist es in der Vergangenheit schon zu den schlimmsten Unfällen mit Todesfolge gekommen.

„Dagegen möchten wir etwas unternehmen“, sagen Anna Schöppe und Birte Johannson und bitten um Mithilfe. Die beiden gehören zu einem kleinen Zusammenschluss in Fockbek, der „Rehkitz-Rettungsgemeinschaft Raum Rendsburg“ (Facebook), die seit vielen Jahren in den Mai- und Juni-Monaten die Mähwiesen abschreitet und die Jungtiere in Absprache mit Jägerschaft und Landwirten auf den Weiden aufstöbert, um sie so vor dem sicheren Tod zu retten. So konnten schon Wiesenpieper, Fasane, Enten, Hasen und natürlich Rehkitze gerettet werden.

„Wir haben keine Drohnen, sodass wir die Flächen meistens ein bis zwei Stunden vor dem Mähen abgehen. Das kann auch schon mal früh morgens sein“, erzählt sie von den gemeinsamen Märschen durch die Weiden, bei denen sie schon so viele tolle Sonnenaufgänge und Schmetterlinge in allen Variationen gesehen sowie Stimmungsbilder eingefangen hat.

„Aber wir werden immer weniger. Der Helfertrupp besteht aus 15 Personen, der „harte Kern“, der manchmal sogar seinen Urlaub in diese Zeit legt, besteht noch aus fünf Personen. Dabei gibt es doch so viele Tierfreunde, die vielleicht Lust haben, uns bei der Aktion zu unterstützen?“, möchte Anna Schöppe insbesondere auch die jüngere Generation motivieren, dabei zu sein.

In Absprache mit Landwirten und Jägerschaft geht die „Rehkitz-Rettungsgemeinschaft Raum Rendsburg“ die Wiesen vor dem Mähen ab.

„Man muss gut zu Fuß sein“

Natürlich haben Pollenallergiker auf der Wiese nichts zu suchen. Das ist klar. Und: „Man muss schon gut zu Fuß sein, aber selbst wenn jemand nur eine Stunde mithilft, sind wir schon sehr dankbar.“ Anschließend gibt es noch ein gemeinsames Kaffeetrinken mit Kuchen, bei dem die Erlebnisse noch einmal besprochen werden. Mitmachen kann jeder, der mindestens 14 Jahre jung ist.

Was, wenn ein Kitz gefunden wird?

In dem Fall, dass der „Suchtrupp“ ein Kitz findet, darf es nicht berührt werden. „Manchmal wird um das Nest herum gemäht, manchmal kommt das Tier in eine abgedunkelte Box, um es nach dem Mähen wieder an Ort und Stelle zu legen, damit die Ricke es findet. „Es ist nicht einfach, aber es rettet Leben“, weiß Anna Schöppe, die sich an ein wunderschönes Erlebnis erinnert: Vor ihren Füßen lag ein gerade frisch geborenes Kitz, noch mit Nabelschnur. „Das war schon großartig und ich hoffe, dass sich viele melden, um in diesem Jahr dabei zu sein, wenn wir die Wiesen ablaufen“, sagt sie.

Wer Anna Schöppe und der „Rehkitz-Rettungsgemeinschaft Raum Rendsburg“ helfen möchte, darf sich gerne melden unter der Handynummer 0176 6478 1180. „Wir freuen uns auch über viele junge Naturschützer!“ Die kleinen Kitze bleiben dort liegen, wo die Ricke sie ablegt. Das ist der Grund, warum sie bei Gefahr nicht weglaufen.

Fotos: Anna Schöppe

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