Torge Wendt möchte, dass Kinder eine Chance haben, in einer lebenswerten Welt aufzuwachsen – frei vom CO² der Kraftwerke. Doch die Versorgungssicherung durch Strom muss gewährleistet bleiben. So suchte er vor rund fünf Jahren Mitstreiter, die mit ihm die Energiewende vorantreiben. Das Unternehmen „Nordgröön“ in Medelby wurde gegründet. Von dort ziehen Wendt und sein Team regelmäßig aus, um andere von ihrer Mission zu überzeugen. Das Ziel ist, 100 Prozent erneuerbare Energien für die Gesellschaft zur Realität zu machen. Doch auf ihrem Weg gilt es, Hürden zu überwinden.
Windkraft- Photovoltaik- und Biogasanlagen entlang vieler Straßen in Schleswig-Holstein zeigen: Der Aufbau von Anlagen für die Gewinnung erneuerbarer Energien gelingt. Doch was passiert danach? „Oft genug gilt die Einstellung: Rein ins Netz und der Rest ist mir egal. Doch das kann es nicht sein. Es muss Prozesse und Modelle geben, durch die wir den Strom nachhaltig nutzbar machen können“, sagt Wendt. Den Ansatz aufgreifend entwickelte das Nordgröön-Team eine Plattform, über die Schwankungen bei der Stromerzeugung – etwa bei wechselnder Wind- und Sonnenintensität – mit einer flexiblen Nutzung kombiniert werden können. Wendt gibt dazu ein Beispiel: „Wenn es grad sehr windig draußen ist, dann fallen aufgrund von Angebot und Nachfrage die Börsenpreise für den Strom. Dann nehmen wir die Biogasanlagen aus dem Markt raus, halten sie an und speichern das Gas, damit verschwenden wir keine Energie. Wenn der Wind weg ist, gehen wir mit dem Strom aus der Biogasanlage in den Markt wieder rein. Wir produzieren den Strom also genau dann, wenn er energiewirtschaftlich sinnvoll ist.“ Möglich ist das durch ein virtuelles Kraftwerk, das in Echtzeit Erzeugung, Verbrauch, Votalität und Flexibilität gegenüberstellt. Damit können gezielt die Komponenten des Kreislaufes gesteuert werden.
Einer grünen Stromversorgung steht scheinbar nichts mehr im Weg. Um alle Meiler abzuschalten, müsse jedoch der Ausbau erneuerbarer Energien massiv nach vorne gebracht werden, so Wendt. Das ist zurzeit nicht möglich, denn „die Politik ist gerade massiv vergeigt“, sagt er. Baustopp etwa für Windkraftanlagen, zu hohe Netzentgelte für energiereiche Bundesländer und einen gleichen Strompreis in ganz Deutschland trotz Produktionsunterschiede geben dem Nordgröön-Gründer den Eindruck, die Politik kämpfe gegen statt für die Energiewende.
Doch Wendt gibt nicht auf – mehr noch, er und sein Team planen weiter. Nach dreijähriger Vorbereitung konnten sie ihr neues Projekt erstmals umsetzen. Regionalen Erzeugern ist es nun möglich, ihre Energien direkt in der heimischen Region anzubieten. Erzeuger und Verbraucher leben beieinander. Die lokalverfügbaren erneuerbaren Energien werden gebündelt, mithilfe eines virtuellen Systems gesteuert und schließlich die Haushalte beliefert. „Das ist regionale Wertschöpfung. Außerdem steigert es die Akzeptanz der Erzeuger.“
Wendt und sein Team halten trotz aller Hürden weiter an ihrem 100-Prozent-Ziel fest. Denn sie wissen, dass es schnell realisiert werden könnte, wenn der politische Wille da wäre.
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