Gehören Sie auch zu denjenigen, die sich schnell mal von äußeren Dingen beeinflussen und dirigieren lassen? Wenn zum Beispiel jemand an Ihnen vorbeigeht, ein Eis in der Hand, ein Speiseeis selbstverständlich. Gleich müssen Sie auch ein Eis haben. Die Papillen machen auf, es geht nicht anders. Die Sehnsucht ist riesig – selbst jetzt zu dieser Jahreszeit.
Mythos November-Wetter
Wir haben November. Obwohl, Letzteres ist nur noch ein schwaches Argument der Ausrede. Die Anzahl der noch geöffneten Eistheken zeigt: Hier ist noch Nachfrage, draußen zu sitzen. Von wegen Wintereinbruch. Es setzt sich aus dem Sommer noch immer fort. Offensichtlich lässt sich auch im November noch draußen vor der Tür Geld verdienen. Genauso wie mit den vielen Bistros mit Tischen und Stühlen, an denen ich vorhin auf dem Weg nach Hause vorbeifuhr. Die Läden waren erstaunlich gut besucht. Und das geht schon seit Wochen so. Unten am Wasser waren 75 Prozent der Plätze belegt. Das passt so gar nicht in das Bild der grauen Eminenz, als die der November in Büchern und Filmen gerne dargestellt wird. Edgar Wallace kann nicht im November produziert worden sein, auch wenn es immer behauptet wird.
Bodenfrost nicht in Sicht
In dieselbe Richtung weist die Frage, ob in diesem Monat mit dem ersten Wintereinbruch zu rechnen ist. Wenn damit der erste strenge Bodenfrost gemeint ist, dann lautet die Antwort: Nein! Auch wenn einige meinen, dies sei angesichts des Klimawandels eine mutige Entscheidung. Klimawandel macht das Wetter extrem. Das heißt, Ausschläge nach oben sind genauso gut möglich wie nach unten. Stopp! Das ist nicht ganz richtig. Wenn Nord- und Ostsee nahezu zwei Grad wärmer sind als früher (seit 1957), muss diese Wärme zum Gefrieren erstmal aufgebracht werden, bevor es ins Minus geht. Das ist eine Menge Holz und vermindert die Wahrscheinlichkeit eines Wintereinbruchs noch mehr gegen null. Und dann die Bauernregeln! Damit will ich gar nicht erst anfangen. Es lässt sich also noch so manche Stunde draußen vor der Tür verbringen – selbst eine spätsommerliche Stimmung ist noch möglich. Der Wärmerekord für Schleswig liegt bei 20,2 Grad. gelborange, karminrot. Na, wenn das kein Kompliment ist! Nicht alles, was glänzt, ist Gold, es sei denn, es ist ein goldener Oktober. Und ich werde das Gefühl nicht los: Es wird in diesem Jahr ein besonders goldener Oktober.
Meeno Schrader
Schon seit seinem 15. Lebensjahr ist das Wetter für Meeno Schrader weit mehr als nur Small Talk. Er hat es an den unterschiedlichsten Plätzen der Welt „getestet“ und lebte und arbeitete unter anderem in Australien, Korea, der Karibik und den USA. Seit 2002 ist er der „Wetterfrosch“ des Schleswig-Holstein-Magazins beim NDR. In der Lebensart verrät er jeden Monat einen Gedanken aus seinen Wetterwelten.
Foto: Adobe Stock / privat (1)