Anzeige

Fotos: Erfinderclub Schleswig-Holstein e.V.

Wenn die Mitglieder des Erfinderclubs Schleswig-Holstein e. V. einmal im Monat zusammenkommen, um sich im Stammlokal „La Perla“ in Flintbek über ihre neuesten Ideen auszutauschen, sprühen die Gehirnzellen Funken, denn sie haben schon so manche grandiose Erfindung zum Patent geführt. Aber Achtung: Hier muss Stillschweigen bewahrt werden!

von Marion Laß

Haben Sie auch manchmal clevere Ideen, die die Welt ein kleines bisschen verbessern würden? Dann Achtung: Sprechen Sie mit niemandem darüber! Diesen weisen Rat gibt uns Ingeborg Backhaus während unseres Gespräches und sie muss es wissen, denn die Vorsitzende des Erfinderclubs Schleswig-Holstein e. V. hat schon viele potenzielle Patent-Neuheiten scheitern sehen, weil im Vorwege darüber gesprochen wurde und diese somit schon quasi „veröffentlicht“ und nicht mehr schützensfähig waren. „Eine Patentanmeldung kann nur genehmigt werden, wenn noch niemand etwas darüber erzählt oder veröffentlicht hat“, erklärt die Wenningstedterin. „Wenn man es auch nur einer Person erzählt, besteht immer die Gefahr, dass diese es weitererzählt. Deshalb gibt es bei uns im Club den Ehrenkodex, dass über alles, worüber wir uns unterhalten, Stillschweigen bewahrt wird. Damit sind wir alle geschützt“, sagt die Vorsitzende.

Vom Häcksler zum Wasserrad

Und es ist schon einiges an Ideen geboren worden im Erfinderclub Schleswig-Holstein: Von Sven Lorenscheit stammt zum Beispiel ein Häcksler, der den Gartenabfall so klein schreddert, dass er als Dünger benutzt werden kann. Hartmuth Drews hat ein Wasserrad mit integriertem Stromgenerator erfunden, während Hans-Jürgen Lenz schon vor Jahren eine Straße, die Strom erzeugt, in die Welt gebracht hat.

Von Matratzen bis zum Bienenschutz

Erfinder-Kollege Gerhard Winter hat mit einer von ihm erstellten neuen Generation von Matratzen die Firma Laroma in Schleswig gegründet. Christian Petersen hat im Club die meisten erfolgreich verwerteten Erfindungen auf den Markt gebracht, wie den Akku-Unkraut-Beseitiger mit gleichzeitigem Kantenreiniger und etliche weitere Erfindungen.

Mit Gerhard Winter und Dr. Viktor Reigel hat Christian Petersen derzeit zum Schutze der Bienen, die mit der Varroamilbe befallen sind, das Bienenstock MAJA Anti-Milben-Dosierungs-Kit erfunden, das die Milben vertreibt, aber den Bienen nicht schadet. Diese Erfindung hat eine Goldmedaille auf der IENA gewonnen, der Erfinder-Messe, die einmal im Jahr in Nürnberg stattfindet. Gleichzeitig hat er auch eine neue sensationelle Erfindung in Arbeit, nämlich einen Kühlschrank, der durch Ozon-Verdunstung die Verderblichkeit der Lebensmittel verhindert. Dieses Projekt, ebenfalls mit einer Goldmedaille prämiert, wird mit der Uni Magdeburg zum europäischen Forschungsprojekt.

Die Mitglieder des Erfinderclubs Schleswig-Holstein sind regelmäßig auf der IENA in Nürnberg vertreten und bringen auch Medaillen nach Hause.

Gold- und Silbermedaillen

Klaus-Dieter Will hat eine optische Kontrolle für den Ausdehnungskörper im Heizungssystem erfunden. Sie verhindert, dass man aufwendige Arbeiten machen muss, um den Fehler zu finden. Ingeborg Backhaus selbst hat eine Halterung für ein Buch bzw. Smartphone oder Tablet erfunden. Auch ihr in die Toilette einzulegender Einsatz (zum Beispiel bei der Darmkrebsvorsorge) hat eine Medaille erhalten. „Auf der IENA haben wir seit Jahren etliche Gold- und Silbermedaillen gewonnen“, berichtet Ingeborg Backhaus stolz. Doch sie weiß auch, dass es zukünftig nicht einfacher wird, mit einer guten Idee auf den Markt zu kommen – um letztendlich auch Geld damit zu verdienen. „Wir sind alle keine Verkäufer*innen und uns fehlen oft die Verbindungen zum Markt“, gesteht sie und berichtet von einer ihrer Ideen: einem regulären Duschkopf, jedoch mit Hohlräumen für Salze und Lotionen im Griff, um am Ende des Duschens den Körper damit zu berieseln. „Einen Prototyp dafür zu erstellen, kann Tausende kosten“, weiß sie. „Die Unternehmen, die so etwas übernehmen und herstellen könnten, verfügen über eigene Ingenieure, von denen – für gute Gehälter – solche Erfindungen erwartet werden. Deshalb ist das Interesse der Konzerne an unseren Erfindungen meistens eher gering.“

Der von Sven Lorenscheit erfundene Häcksler erhielt seinerzeit „Gold“.

25 Jahre Erfinderclub

Der Erfinderclub hat gerade sein 25. Jubiläum gefeiert. „Früher gab es für gute innovative Ideen noch Unterstützung von Seiten der Regierung, heute nicht mehr. Die Regierung unterstützt eher die Institute und Universitäten. Die freien Erfinder müssen sich selbst finanzieren und mit eigenem Geld die Prototypen erstellen. Damit geht aber leider auch ein gutes Stück ‚deutsche Innovation‘ dahin“, findet Ingeborg Backhaus und spricht die immer schwieriger werdenden Bedingungen auf dem Markt an.

Dies ist ein Akku-Unkraut-Beseitiger mit Kantenreiniger, erfunden von Christian Petersen.

Patente sind teuer

„Um ein Patent auf eine echte Erfindung anzumelden, muss erstmal für teures Geld international recherchiert werden. Das passiert in der Regel beim Patentamt in München, und das dauert ein Weilchen“, sagt sie. Der von allen Mitgliedern geschätzte Patentanwalt Dierk Hansmann rät: „Wichtig ist, dass man sich immer konkret mit dokumentierten Schutzansprüchen von einer ähnlichen Erfindung unterscheidet.“ Man kann dann ein Gebrauchsmuster oder gleich ein Patent beantragen. Die meisten Erfinder*innen streben erst ein kostengünstigeres deutsches Patent an. „Wir warten immer noch auf ein vereinfachtes europäisches Patent, das es leider noch nicht gibt! So muss man für jedes einzelne europäische Land einen Patentschutz erwerben. Der ist für rund 6000 Euro zu haben. In China und den USA ist ein Patent wesentlich einfacher zu bekommen“, weiß die Vorsitzende. „Aber die Deutschen lieben ja ihre Gesetze und stehen sich manchmal selber im Weg.“

Hilfe bei der Darmkrebsvorsorge: ein Einsatz, den man in die Toilette einlassen kann

Höhle der Löwen

Als leidenschaftliche Erfinderin verfolgt Ingeborg Backhaus natürlich auch regelmäßig die TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ und ist immer wieder beeindruckt, wie professionell die zum Teil sehr jungen Erfinder*innen dort auftreten – von der Herstellung über den Vertrieb bis zum Marketing. „Ich bewundere die Teilnehmer*innen sehr. Mir fehlte bislang der Mut, meine Herzens-Erfindung dort vorzustellen“, sagt sie ehrlich. „Eines unserer Mitglieder, Jens Schlappkohl-Berlitz, war mal dort und hat den Gummiring vorgestellt, den er zum Holzhacken erfunden hat. Das war eine tolle Sache.“   

Junge Leute willkommen

Trotz der Hürden, die eine Erfindung nehmen muss, ist Ingeborg Backhaus der Meinung: Erfinden ist schön! „Es ist immer wieder befriedigend, eine Lösung gefunden zu haben“, sagt die Vorsitzende und lädt junge Leute ein, dem Erfinderclub Schleswig-Holstein beizutreten. „Unsere Mitglieder kommen in die Jahre. Wir können frisches Blut in unseren Reihen gebrauchen – insbesondere Menschen, die Verbindungen zu Wirtschaft, Marketing und Vertrieb haben und uns in die richtige Spur leiten“, lädt sie ein, an einer Sitzung teilzunehmen. Aber, pssst! Vergessen Sie den Ehrenkodex nicht: Stillschweigen!

Vorheriger ArtikelFestliche Vorfreuden
Nächster ArtikelFestzeit im Treudelberg