
Claudia Hampton, 1910 geboren, liegt Mitte der 1980er-Jahre im Krankenhaus, welches sie nicht mehr lebend verlassen wird, da sie unheilbar erkrankt ist. „Eine Geschichte der Welt, ja. Und während sie sich entfaltet: meine eigene. Leben und Zeit der Claudia H. Das Stück aus dem zwanzigsten Jahrhundert, mit dem ich wohl oder übel verkettet bin, ob mir das passt oder nicht. Mich selbst will ich ins Auge fassen, in meinem Kontext: alles und nichts. Die Geschichte der Welt, wie Claudia sie sieht: Fakten und Erfindungen, Mythen und Offenkundiges, Bilder und Belege.“ Das ist es was sich die Sterbende für ihre letzte Zeit auf Erden vornimmt. Und so erinnert sie sich beispielsweise an ihren geliebten Bruder Gordon, mit dem sie eine besondere Beziehung verband, und dessen Frau Sylvia; ihre mit ihren beiden so außergewöhnlichen Kindern überforderten Mutter; ihre Tochter Lisa, der sie selbst keine gute Mutter gewesen ist, und deren Vater Jasper, mit dem sie auch nach der Trennung immer wieder ins Bett gegangen ist; an ihre große Liebe Tom, den sie als Kriegsberichterstatterin in Ägypten kennengelernt hat; an ihre Erfolge als Autorin von Geschichtsbüchern und anderes mehr. Dabei präsentiert sie sich als eine für ihre Zeit überaus eigensinnige und -ständige Frau, die zahlreiche Liebschaften hatte und sich in der Männerwelt zu behaupten wusste. (hb)

Penelope Lively hat mit „Nachtglimmen“ einen formal ungewöhnlichen Roman über eine ebenso außerordentliche Frau geschrieben, der ein reizvolles sowie fesselndes Leseerlebnis ist. 1987, also im Erscheinungsjahr des Buchs, wurde es mit dem wichtigsten britischen Literaturpreis ausgezeichnet – dem Man Booker Prize for Fiction.