Als ich neulich vor Redaktionsschluss diese Kolumne für die April-Ausgabe schrieb, war das ein besonderer Tag. Genau vier Jahre war es her, dass ich behauptet hatte, es sei ebenfalls ein besonderer Tag. Es war wie jetzt genau am Tag des Frühlingsanfangs. Und dieses Jahr war es wieder ein außergewöhnlicher Tag.

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Natürlich nicht wegen der Duplizität der Fälle, denselben Tag getroffen zu haben oder der Tatsache, dass die Sonne gleich zweimal pro Jahr fast verschwenderisch oft über den Äquator huscht. Das tut sie seit Jahrmillionen. Es ist vielmehr der Umstand, dass vor vier Jahren das Wetter auf die Überholspur ausscherte. Statt des kalendarischen Frühlings wurde von der Natur der Sommer ausgerufen: kurze Hose, leichtes Hemd – und das im März! Die Garderobe sprengte alle Vorstellungskraft. Und dieses Mal? Genau das Gegenteil. Bis zum letzten Tag hing das Wetter am Strohhalm des Winters, der einfach nicht locker lassen wollte. Das Blitzblau des Himmels am Tag des Frühlingsbeginns, es war schnell vergessen. Luft und Wasser waren und sind noch viel zu kalt, um dem Frühlingsbeginn nachhaltige Chancen einzuräumen. Es fällt einfach schwer, „Frühling“ aus einstelligen Temperaturen herauszulesen, geschweige denn, ihn in die Welt zu brüllen und willkommen zu heißen. Das kann im April nur funktionieren, wenn die Sonne mit im Spiel ist, man auch Gelegenheit bekommt, die schon hoch stehenden und hierdurch wärmenden Strahlen zu spüren. Da ist er wieder der Strohhalm, an dem wir in diesem Jahr im April noch öfter werden saugen müssen. Nun darf man sich nicht täuschen lassen, Ostern ist dieses Jahr sehr früh. Fast einen Monat eher als in 2017, aber das ist nur etwas für’s Protokoll und erklärt nicht alles. Der April tut sich dieses Mal insgesamt schwer. Nord- und Ostsee sind im Vormonat ordentlich heruntergekühlt worden, mit einem Grad plus ist kein Blumentopf zu gewinnen. Das uns umgebende Wasser ist fast 10 Grad kälter als im vergangenen Jahr. Das will erstmal ausgeglichen sein. Ein hartes Stück Arbeit steht an! Eine plötzliche Erwärmung? Man kann es sich zwar nicht so richtig vorstellen und doch liegt sie nicht jenseits des Möglichen. Spontanität steckt im klimawandlerischen Wetter genügend drin. Auch wenn es zurzeit noch nicht zu sehen ist, einen Temperatursprung kann es jederzeit geben, folgte der April seinem Ruf. Dieses Jahr würde ein ordentlicher Frühling allerdings reichen – da wäre schon viel gewonnen.

Meeno Schrader

Schon seit seinem 15. Lebensjahr ist das Wetter für Meeno Schrader weit mehr als nur Small Talk. Er hat es an den unterschiedlichsten Plätzen der Welt „getestet“ und lebte und arbeitete unter anderem in Australien, Korea, der Karibik und den USA. Seit 2002 ist er der „Wetterfrosch“ des Schleswig-Holstein-Magazins beim NDR. In der Lebensart verrät er jeden Monat einen Gedanken aus seinen Wetterwelten.

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