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Als der holsteinische Dichter Matthias Claudius (1740-1815) das Kartoffellied schrieb, da waren die „Kantüffeln“ im Norden Deutschlands angekommen. Den Weg ebneten spanische Kapitäne, die diese wertvolle Knollenfrucht im 17. Jahrhundert in ihren Schiffen zur Versorgung der Mannschaft bunkerten und sie in Europa bekannt machten.

Es dauerte Generationen, bevor die Kartoffel alle Länder erobert hatte. Dabei spielten die Vorbehalte der Verbraucher eine große Rolle. Wer die überirdischen Früchte aß, bekam Bauchschmerzen oder Vergiftungserscheinungen. Nicht einmal die Tiere wollten sie essen. Die Kartoffelblüte allerdings begeisterte als Blumenschmuck. So soll Marie Antoinette (1755-1793) bei Bällen am französischen Hof einen Kranz aus diesen zarten Blüten getragen haben.

In Irland fasste die Kartoffel schnell Fuß

Sie war die ideale Frucht für die karge Insel. Dabei entdeckten die Bauern zusätzlich, dass sie damit einen anderthalbfachen Flächenertrag im Vergleich zum Getreide erreichten. Außerdem war die Verarbeitung viel leichter. Sie mussten weder dreschen noch mahlen. Im Torffeuer vor den Hütten wurden die Kartoffeln ohne Aufwand gar gekocht. In Preußen setzte sich Friedrich II. mit Raffinesse zum Anbau von Kartoffeln durch. Er erließ 1756 den sogenannten „Kartoffelbefehl“ und stellte Soldaten neben die Äcker. Was bewacht wird, muss wertvoll sein, war sein Lockmittel für die Bauern. Die Rechnung ging auf. Während das Militär schlief, stahlen sich diese einige Kartoffeln, entdeckten den Wohlgeschmack und waren zum Anbau auf ihren Äckern verführt.

Die Abhängigkeit von der Kartoffel als Hauptnahrungsmittel hatte allerdings auch ihre Schattenseiten. Wenn es regionale Schlechtwetterperioden gegeben hatte – Trockenheit oder zu viel Regen – stiegen die Brot und Getreidepreise. Die Bevölkerung musste hungern. Als aus Amerika um 1830 Kartoffelkrankheiten in Europa eingeschleppt wurden, verhungerten viele Millionen Menschen in Europa.

Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert zog die arbeitende Bevölkerung in die Städte. Jetzt waren für sie Obst und Gemüse und auch die geliebte Kartoffel mit ihren Spurenelementen und Vitaminen kaum noch bezahlbar. Es entwickelte sich die Schrebergartenbewegung, die einen kleinen Pflanzplatz für den Eigenverbrauch sicherte. In und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland öffentliche Grünanlagen für die Bevölkerung frei gegeben, auf denen die Einwohner Kartoffeln oder Gemüse anbauen durften. Schwer war nur die Beschaffung der Knolle zum Einsetzen. Dankbar waren alle, wenn sie den Vers aufsagen konnten:

„De ganze Week Kantüffelsupp,
Un Sünndags is se noch nich op,
Un Maandags gifft Kantüffelbree,
Un Dinsdach deit dat Lief mi weh
Von all den veelen Kantüffelbree.“

Heutzutage ist die Kartoffel in der Krise. 1950 wurden in Deutschland 186 kg pro Person verzehrt, 2016 waren es nur noch 56,8 kg.

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