
80 Jahre ist es her: Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation Hitler-Deutschlands. Die Welt konnte endlich wieder aufatmen. Nun ging es an den Wiederaufbau. Die Lebensart wirft einen Rückblick auf die damalige Zeit.
Die älteren Generationen unter uns, die die Zeit um 1945 als Kinder erlebt haben, erinnern sich meistens noch sehr genau an die Nachkriegszeit – an die Flucht und die Vertreibungen. Sie haben in dieser Zeit viel erlebt. 1945 – am Ende des Krieges und der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten – gab es bis zu 75 Millionen Tote zu beklagen, dazu jede Menge Zerstörung, Not und Entbehrung. Was für ein Elend! Wie erleichternd muss es gewesen sein, als ab dem 8. Mai 1945 endlich Frieden herrschte.

8. Mai 1945 – ein wichtiger Tag
Der 8. Mai 1945 war ein wirklich bedeutender Tag für die Welt und insbesondere für die Deutschen, denn es war der Tag der Befreiung. Und ebenso wie die Befreiung durch die Siegermächte „von außen“ kam, wurde auch der wirtschaftliche Wiederaufbau und der demokratische Neubeginn Deutschlands durch die ehemaligen Kriegsgegner geleitet. Dabei war der Weg zur Demokratie, zur Freiheit und zum heute geeinten Deutschland nicht immer einfach.
Hitlers irrsinnige Expansionspolitik hatte auf die Eroberung von „Lebensraum“ im Osten abgezielt, als er die Soldaten 1939 in den Krieg schickte. Doch bereits 1942 befand sich seine Wehrmacht im Rückzug. Als 1944 die Rote Armee der Sowjetunion von Osten vordrang, befanden sich zahlreiche Menschen auf der Flucht, die meisten aus Ostpreußen und dem östlichen Pommern. Mit den Soldaten der Sowjetunion im Nacken blieb ihnen nur die Flucht nach Westen. Doch von dort kamen schon bald die Briten und US-Amerikaner mit ihren Streitkräften. So wählten zahlreiche Menschen den Weg gen Norden nach Schleswig-Holstein.

Eine Zeit der Entbehrungen und der Flucht
Nach Kriegsende, mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches, wurden es noch mehr. Zusätzlich waren die Soldaten der alliierten Besatzungskräfte im Land stationiert. Nie zuvor war Schleswig-Holstein so dicht bevölkert wie in dieser Zeit. Obdachlosigkeit und Mangel waren allgegenwärtig. Zu der unglaublichen Zerstörung von Wohnraum in den Städten kamen die Geflüchteten und Vertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten. Alle waren auf der Suche nach Unterkünften. Neben den bereitgestellten Notunterkünften, wie den Nissenhütten oder Ley-Buden, war es notwendig, durch gemeindliche Wohnungsausschüsse Wohn- und Bauraum zu beschlagnahmen und Zwangseinquartierungen bei Einheimischen durchzuführen.
Große Wohnungsnot
Trotz allem blieb die Wohnungsnot so groß, dass sich viele Menschen selbst um eine Bleibe
kümmern mussten. In Kellern, Hütten und sogar in Erdkuhlen suchten die obdachlosen Menschen Schutz vor den Witterungen. Besonders hart traf es die Geflüchteten und Vertriebenen. Erst in den 1950er-Jahren entspannte sich die Lage.

Nissenhütten und Ley-Buden
In der britischen Besatzungszone entstanden tausende sogenannte Nissenhütten für Ausgebombte, Geflüchtete und Vertriebene, aber auch für das Militär. Ursprünglich vom kanadischen Ingenieur Peter Norman Nissen im Ersten Weltkrieg für die Unterbringung von Soldaten entworfen, bot die einfach zu erbauende halbrunde Behausung aus Wellblech und Holz in den Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkrieges auch zahlreichen Zivilpersonen vorübergehend Obdach. Obwohl die Nissenhütten zunächst keinen Fußboden hatten und es im Winter sehr kalt und im Sommer sehr heiß darin war, bedeutete der Aufenthalt in einer Nissenhütte für die Geflüchteten und Vertriebenen viel: das vorläufige Ende der Fluchtstrapazen, ein Aufatmen nach langer Zeit der Angst und die Hoffnung auf einen Neubeginn.
Einige wenige Nissenhütten wurden Jahre später aufwändig renoviert und werden auch heute noch bewohnt, beispielsweise in Husum. Sie wurden von ihren Besitzer*innen liebevoll saniert und so bis zur heutigen Zeit bewohnbar gemacht. Andere können im Original in ihrer Schlichtheit besichtigt werden – beispielsweise im Tierpark Neumünster, wo eine restaurierte Nissenhütte mit zeitgenössischen Einrichtungsgegenständen versehen und der Öffentlichkeit als Museum zugänglich gemacht wurde. Auch im Freilichtmuseum am Kiekeberg in Rosengarten sind noch eine Nissenhütte und eine Ley-Bude zu sehen. Aktuell finden dort Aktionstage und Ausstellungen statt. Mehr dazu auf den folgenden Seiten. Beide Bauten, die Nissenhütte und die Ley-Bude, stehen sinnbildlich für die Kriegs- und Nachkriegszeit und sind der älteren Generation noch gut in Erinnerung.

CARE-Pakete aus Amerika
Natürlich stellte auch die Lebensmittelversorgung eine große Herausforderung dar: Im Jahr 1946 erhielten die Menschen für ihre Lebensmittelmarken nur Rationen von 1040 Kalorien – also weniger als die Hälfte der empfohlenen Nahrungsmenge für erwachsene Männer.
Die nordamerikanische Hilfsorganisation CARE (Cooperative for American Remittances to Europe) koordinierte angesichts dieser Notlage Hilfsaktionen für Europa. Viele Deutsche bekamen durch CARE-Pakete von Übersee Zugang zu höherwertigen Nahrungs- und Genussmitteln.
Chaotische Zeiten
Es waren chaotische Zeiten, aber immerhin fielen keine Bomben mehr. Dennoch war das Leben keineswegs einfach. Sechs Jahre Krieg hatten die gesellschaftlichen Strukturen tiefgreifend verändert. Auch untereinander war man sich nicht immer einig. Die alliierten Siegermächte hatten die Gräueltaten in den Konzentrationslagern aufgedeckt und die Verfolgung der Kriegsverbrecher aufgenommen. Am 17. Juli 1945 begann die Potsdamer Konferenz. Darin berieten die USA, Großbritannien und die Sowjetunion über die Nachkriegsordnung für Deutschland und Europa. Im Fokus der Alliierten stand, Deutschland zu entnazifizieren, zu entmilitarisieren, zu demokratisieren und zu dezentralisieren.

Nürnberger Prozesse
Im Rahmen der sogenannten Nürnberger Prozesse – sie fanden zwischen November 1945 und April 1949 statt – mussten sich die führenden Repräsentanten des NS-Staates vor dem Internationalen Militärgerichtshof und dem US-amerikanischen Militärtribunal nach Kontrollratsgesetz Nr. 10 verantworten. Niemand wollte jetzt ein Nazi sein.
Doch sie hatten stattgefunden, die Greueltaten. Was Schleswig-Holstein betrifft, so zeugen die Konzentrationslager in Neuengamme bei Hamburg mit den Zweigstellen Schwesing bei Husum sowie Ladelund an der dänischen Grenze noch heute von den Grausamkeiten der Nazis. An den vorgenannten Orten sowie im Hamburger Raum erinnern heute viele Gedenkstätten und -steine an die grausamen Gefangenenlager.
Der Weg in die Demokratie
Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren geprägt von Entbehrung und Wiederaufbau. Doch trotz aller Not war es der Aufbruch in eine neue Zeit – eine Zeit, in der sich Deutschland langsam, aber stetig in eine demokratische Zukunft bewegte – und damit in die Freiheit.
Wie weit es uns gelingen wird, diese zu erhalten, wird die Zukunft zeigen. Die Umstände, in denen wir uns aktuell befinden, zeigen, dass Freiheit und Demokratie nicht selbstverständlich sind. Und manchmal muss man dafür auf die Straße gehen und Flagge zeigen.
von Marion Laß
Das Deutsche Grundgesetz
… ist die Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland. Es wurde vom Parlamentarischen Rat, dessen Mitglieder von den Landesparlamenten gewählt worden waren, am 8. Mai 1949 beschlossen und von den Alliierten genehmigt. Es setzt sich aus einer Eingangsformel, Präambel, den Grundrechten und einem organisatorischen Teil zusammen.
Fotos : Adobe Stock / Kreisarchiv Nordfriesland / Geschichtsverein Bredstedt / Geschichtsverein Bredstedt, Erich Schwartz