Dort, wo das Herz der Innenstadt in Neumünster besonders laut schlägt, steht die Skulptur seit 45 Jahren nicht mehr auf ganz so festem Sockel. Wer die Kreuzung Gänsemarkt/Großflecken/Kuhberg passiert, läuft direkt auf den „Fisch“ zu. So hat ihn der Volksmund treffend genannt.

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„Ineinandergreifende Formen“ war der Arbeitstitel des Bildhauers Rolf Goerler (1927-2006), als er sein Werk 1970 ablieferte. Die Aluminiumskulptur ging als Gewinner aus einem Wettbewerb hervor, den die Stadtsparkasse Neumünster ausgeschrieben hatte. Das Geldinstitut machte die Plastik der Stadt zum Geschenk. Sie sollte die Verknotung des Verkehrs an diesem pulsierenden Punkt sinnbildlich darstellen.

Das Jona-Motiv leitete den Künstler
Die Einwohner erfanden sehr schnell den Namen „Fisch“, und damit trafen sie genau das, was der Künstler ausdrücken wollte. Das Jona-Motiv bestimmte seine Schaffenskraft: Verschlungen vom Rachen des Todes, ausgespien zu neuem Leben, so wurde Jona für den Bildhauer und Maler zu einer Verkörperung der menschlichen Existenz – zum Sinnbild des auferstehenden Christus. „Mein Atelier ist da draußen auf dem Meer im Wind. Frei und bindungslos arbeite ich dort in einer Ordnung, die auf den Sinn hingerichtet ist und nicht auf Zeiteinteilung“, sagte der passionierte Einhandsegler 1988. Er lebte in Lübeck, sammelte verworfenes Holz, das von stürmischen Wellen an den Strand gespült worden war und schuf daraus Skulpturen. Er malte in Öl, aber er gestaltete auch „Kleine Bronzen“ und große Skulpturen, die er mit mystischen Namen bedachte. Seine Werke bereichern bis heute die Innenstadt von Lübeck.

Wenig Kunstverständnis am Standort Teich
Der „Fisch“ in Neumünster lag ihm sehr am Herzen. Er war unglücklich darüber, dass er an seinem Platz am Teich von Ampelschaltkästen, Kaugummireklamen, Fahrradständern, Verkehrsschildern und einem Obststand verdeckt seine Ausstrahlung, seinen Raum verloren hatte. Einmal war der Fisch mit blauen Sternen bemalt, und dann erwischte ihn 1991 ein Supergau. Anlässlich der Innenstadtgestaltung und dem Bau der Bastion wurde das Kunstobjekt mit gesandstrahlt. Rolf Goerler trat sofort in Aktion. „Der Schaden lässt sich nur mit ganz viel „Knööf“ wieder beseitigen“, forderte der Experte. Für 500,- DM wollte er den „Fisch“ eigenhändig polieren. Leider hat er den Auftrag nie von der Stadt bekommen, und so steht die Skulptur heute noch in dem ramponierten Zustand da.

Im Jahr 2015 hat sich am Gänsemarkt alles verändert. Der „Fisch“ hält jetzt die Stellung am Teich mit Blick auf das neue Einkaufszentrum ECE.


Rolf Goerler begann seine Ausbildung nach dem Krieg bei Ludwig Kunstmann in Hamburg. Von 1950 bis 1953 studierte er an der Landeskunstschule Hamburg. Seit 1955 arbeitete er als freischaffender Künstler in Lütjensee und nahm von 1956 bis 1969 einen Lehrauftrag für plastisches Gestalten an der Volkshochschule Hamburg wahr. Von 1977 bis zu seinem Tod 2006 besaß er ein Atelier in der Lübecker Altstadt. Rolf Goerler ist im Lübecker Stadtraum mit über 20 Arbeiten vertreten. Seine bekannteste Plastik ist der sitzende Teufel vor der Kirche St. Marien.
(Quelle: www.kunst-luebeck.de)

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