Wie wurden vor dreißig Jahren Bio-Bauern noch belächelt. Das Image der „Ökos“ in selbstgestrickten Wollpullovern war nicht das beste. Unansehnliche Feldfrüchte für teures Geld überzeugten nur wenige Verbraucher. Auch als die damalige Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Renate Künast in Zeiten der rot-grünen Bundesregierung den Biogedanken gar zum politischen Ziel erklärte, wurde sie angefeindet. Kein Kunstdünger auf den Feldern, keine chemischen Zusatzstoffe in Lebensmitteln und keine Hormone im Schlachtvieh waren ihre Forderungen. Die Agrarindustrie und mit ihr die Bauernfunktionäre schäumten vor Wut. Die Verbraucher stimmten für Künast und bescherten der Biobranche Jahr für Jahr zweistellige Zuwachsraten.
Die Branche professionalisierte sich, die Feldfrüchte wurden ansehnlicher, glichen dem herkömmlichen Gemüse. Fachgeschäfte mit großem Sortiment entstanden. Das Angebot wurde um alte Obst- und Gemüsesorten und um traditionelle, besonders schmackhafte Nutztierrassen erweitert. Und besonders wichtig: Der gute Geschmack rückte in den Vordergrund.
Bio ist Lifestyle
Heute gehört Bio zum Lifestyle des Bürgertums und wird in großen Biosupermärkten oder bei Aldi verkauft. Selbst Junkfood wird in Bioqualität angeboten. Artgerechte Tierhaltung, geringe Schadstoffbelastung und eine gesunde Ernährung zur Steigerung des persönlichen Wohlbefindens sind die wesentlichen Gründe, weshalb immer mehr Verbraucher zu Bio greifen. Ob Hofladen, Wochenmarkt, Reformhaus, Bio-Laden, Bio-Supermarkt, Supermarkt oder Discounter: Bio-Lebensmittel sind inzwischen überall zu bekommen.
Der Bio-Markt wächst anhaltend, auch in Schleswig-Holstein. Die ökologisch bewirtschafteten Flächen stiegen im Norden auf rund 50.000 Hektar. Somit werden rund 5 % der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet. Es gibt rund 600 ökologisch wirtschaftende Erzeugerbetriebe zwischen Ost- und Nordsee.
Aktuelle Trends
Die BIOFACH in Nürnberg ist die Weltleitmesse für Bioprodukte. Rund 50.000 Fachbesucher aus über 130 Ländern kamen in diesem Jahr auf dem Nürnberger Messegelände zusammen. Eine perfekte Gelegenheit, sich über die neuesten internationalen Branchentrends zu informieren. Fazit: Öl-Spezialitäten, Proteinprodukte und die Geschmacksrichtung Kurkuma zählen zu den Bio-Trends des Jahres.
Von Klassikern für die Alltagsküche über Gourmet-Produkte wie exotisches Kokos- oder Mohnöl bis hin zu Vital-Ölen zur Nahrungsergänzung: Das Interesse an hochwertigen Ölen ist ungebrochen und das Sortiment umfasst mittlerweile eine Vielzahl an Ölen in Bioqualität. Klassische Öle, wie das Olivenöl, werden zum Beispiel mit Trüffel, Basilikum oder Zitrone verfeinert.
Auffällig ist, dass immer häufiger Öle mit einem Nutzen für spezielle Bedürfnisse beworben werden, wie etwa eine mit Algenöl angereicherte Ölmischung für Kinder oder das durchblutungsfördernde Omega Pink Vitalöl für Frauen. Verschiedenste Proteinprodukte (z. B. gewonnen aus den Saaten, Kernen und Nüssen der Ölpressung) waren ebenfalls eine häufig gesehene Messeneuheit. Beworben werden Sie als Nahrungsergänzung für Menschen mit einem erhöhten Eiweißbedarf, wie zum Beispiel sportlich Aktive, Heranwachsende, Schwangere, Seniorinnen und Senioren und Veganerinnen und Veganer.
Auch knallige Farben scheinen im Trend zu sein. Das kommt der gelben Kurkuma-Wurzel zugute. Ursprünglich bekannt aus der orientalischen und indischen Küche, werden die Wurzel und das gemahlene Gewürz bereits seit Jahren in Deutschland in Bioqualität angeboten. Inzwischen findet man es aber auch in Getränken, zum Beispiel im Kurkuma Latte oder Kurkurma-Ingwer-Tee.
Dem Hype geht das Gesundheitsversprechen voraus. Dem Wirkstoff Curcumin wird nicht nur eine schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkung nachgesagt, er soll auch das Herz- und Schlaganfallrisiko minimieren und das Wachstum von Krebszellen hemmen.
Algen in Gewürzen, Pesto oder Pasta, die Vitaminisierung von Lebensmitteln und globale Schwerpunktprodukte in regionaler Ausprägung sind ebenfalls im Trend. Zu letzterem zählt zum Beispiel Quinoa-Mehl aus (Nord)Deutschland, dessen traditionelle Herkunftsregion eigentlich die Anden sind. Die Heilsversprechen in Sachen Gesundheit darf man durchaus kritisch sehen. Aber guter Geschmack ohne Zerstörung der Umwelt und ohne Tierquälerei ist ein wichtiges Thema der Gegenwart. Genuss ohne Reue bleibt auch das Bio-Zauberwort der Zukunft.