von Andrea Henkel

Sie gehören an die Küste wie Wind und Wellen: Schafe. Für viele Einheimische und Tourist:innen sind die wolligen Vierbeiner von den Nordseedeichen nicht wegzudenken. Vor allem, wenn im Frühjahr die vielen niedlichen Lämmer miteinander um die Wette tollen, ist es eine wahre Freude, ihnen zuzusehen. Ihre Aufzucht bedeutet viel Arbeit, aber auch jede Menge Freude, wie Christina und Sönke Meesenburg wissen. In ihrer Bio-Schäferei auf Pellworm halten sie etwa 150 Mutterschafe.

Einmal Inselkind, immer Inselkind – so könnte das Lebensmotto von Christina und Sönke Meesenburg lauten. Aufgewachsen auf Pellworm, zog es sie zunächst für einige Jahre aufs Festland. Doch die Sehnsucht nach dem Meer und der Ruhe des Insellebens ließ sie nie los. Und so kehrten sie vor 13 Jahren in ihre Heimat  zurück, wo sie den Hof von Christinas Eltern übernahmen. Seit 2018 bewirtschaften sie ihren Friesenhof nun nach ökologischen Kriterien. Für die Schafzucht bringt das einige Besonderheiten mit sich. „Zum Beispiel dürfen unsere Schafe nicht mit Tieren aus konventioneller Haltung auf dem Deich laufen. Wir haben deshalb einen eigenen Abschnitt beim Land Schleswig-Holstein gepachtet, den wir uns mit einem anderen Bioschäfer teilen”, erzählt Christina Meesenburg. Außerdem sind auf den Flächen Pestizide und Dünger tabu, das Kraftfutter für den Winter stammt von einem Ökobetrieb auf dem Festland. 

Flauschige Küstenschützer

Dass auf dem Friesenhof fast jeder Tag ein Arbeitstag ist, stört die Familie nicht. Die Meesenburgs lieben das Leben und die Arbeit in und mit der Natur. Im März, wenn das Futterangebot wieder groß genug ist, kommen die ersten Tiere auf den Deich, ab Mitte April gesellen sich auch die Mutterschafe mit ihren Lämmern dazu. Bis November grasen sie dann draußen in der Natur. Dort sind sie nicht nur eine Attraktion für Gäste und Einheimische, sondern auch wichtige Helfer in Sachen Küstenschutz. Indem sie die Grasnarbe kurz halten, machen sie sie besonders dicht und widerstandsfähig – ein wichtiges Kriterium für stabile Deiche.

Hebamme und Ersatzmutter zugleich

Der Sommer ist für die Meesenburgs die ruhigste Zeit des Jahres. Die Lämmer wachsen und gedeihen und die Herden müssen lediglich regelmäßig kontrolliert werden. Rund geht es dagegen in der Lammzeit von Februar bis März. Dann ist Schäfer Sönke praktisch rund um die Uhr im Einsatz. Zweimal am Tag füttert er die Tiere, und zwischendurch heißt es: Geburten überwachen und mitunter auch Geburtshilfe leisten. Auch nachts ist er dann im Einsatz, wenn die Schafe ihre Lämmer zur Welt bringen oder die Flaschenlämmer alle drei Stunden gefüttert werden müssen. „In dieser Zeit bin ich Hebamme und Ersatzmutter zugleich”, sagt er. Tagsüber packen dann auch die vier Kinder Sören, David, Marie und Catharina bei der Versorgung des vierbeinigen Nachwuchses kräftig mit an.

Vermarktung im eigenen Hofladen

Ab Juli heißt es Abschied nehmen, denn dann werden die ersten Lämmer geschlachtet. Mindestens 45 Kilogramm müssen sie dafür auf die Waage bringen. Je nachdem, wann die Tiere geboren wurden, zieht sich die Schlachtzeit bis in den Oktober. „Das klassische Osterlamm als Festessen ist also eigentlich völlig entgegen der Natur der Schafe”, erklärt Christina Meesenburg. „Dieses Fleisch stammt häufig aus Neuseeland oder von Tieren, die später geboren und über den Winter noch im Stall gehalten wurden. Die Qualität ist dann entsprechend auch nicht so gut wie die des Fleisches von Lämmern, die quasi ihr ganzes Leben auf den Salzwiesen verbracht haben. Erst das gute Frischfutter draußen in der Natur verleiht dem Lammfleisch seinen ganz besonderen Geschmack.” Ihr eigenes Fleisch verkaufen die Meesenburgs in ihrem Hofladen „Die kleine Schäferei”. Auch andere Produkte vom Hof wie Liköre, Marmeladen, verschiedene Salzarten oder Kartoffeln gibt es hier zu kaufen. Und natürlich dürfen auch die Erzeugnisse aus der eigenen Schafwolle nicht fehlen. Dabei geht das Angebot weit über das klassische Schaffell hinaus: Strickwolle, Bettdecken, Kissen, Kuscheltiere und sogar Yogamatten gehören zum Sortiment. Übrigens: 20 bis 25 weibliche Lämmer behalten die Meesenburgs jedes Jahr für die Nachzucht übrig – die Grundlage für den Fortbestand der Herde und ein weiteres Lamm-Jahr auf dem Friesenhof.

Weitere Infos
www.friesenhof-pellworm.de

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