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„Bereits als Kind“, sagt Jutta Lehmann-Kranenburg, „hat meine Geschichte mit Afrika begonnen, als ich als zehnjähriges Mädchen im Urlaub mit meinen Eltern in einer Pension einem fünfjährigen afrikanischen Jungen begegnet bin. Bangaly war sehr verängstigt, aber zwischen uns beiden entstand sofort eine vertrauensvolle Freundschaft.“ Ihrem Vater, einem Schriftsetzer aus Leipzig, habe sie es auch zu verdanken, schon in frühester Kindheit durch das Betrachten und Lesen von Büchern immer wieder mit anderen Kulturen in Berührung gekommen zu sein. „Schon hier begann meine Neugier und Freude fremde Kulturen näher kennenzulernen.“ Als ihr Jahrzehnte später aus einem Buch ein Foto herausfällt auf dem sie mit Bangaly zu sehen ist. „Da war Afrika wieder da“, stellt sie fest.

Die erste Reise

„Fortan besuchte ich wöchentlich einen Workshop für ‚Afrikanisches Tanzen‘ in Deutschland und meine große Sehnsucht nach Afrika zu reisen, konnte ich mir im Jahr 2002 durch die Buchung eines Tanzworkshops in Ghana erfüllen.“ Ihr Vater habe ihre Rückkehr aus Afrika 2002 noch erlebt und sagte damals, dass er es nicht mehr schaffe, mit ihr nach Afrika zu gehen. Erst viel später habe sie begriffen, dass ihr Vater bereits erkannt hatte, welche Bedeutung der afrikanische Kontinent in ihrem Leben noch haben würde.

Stolz präsentieren die Schüler:innen ihre Ergebnisse beim Science Workshop Botanik

Eine Überraschung

„In Afrika angekommen, stellte sich zu meiner Überraschung heraus, dass nur ich den Workshop gebucht hatte, während alle Workshops, die später stattfanden, komplett ausgebucht waren. Mein Thema vor Ort schien wohl ein anderes als Tanzen zu sein.“ Statt an dem „geplanten“ Workshop teilzunehmen, begann sie sich zusammen mit dem Kursleiter, der die Idee schon länger im Kopf gehabt hatte, spontan an dem Aufbau einer Dorfschule zu beteiligen. In Ghana musste für den Schulbesuch zu diesem Zeitpunkt noch eine Schulgebühr gezahlt werden, weshalb viele Kinder nicht in die Public School gehen konnten, sondern auf der Straße saßen und etwa Bananen, Tomaten und anderes verkauften. 2002 wurde deshalb die Dorfschule spendenfinanziert gegründet. Unterstützung kam von mehreren Schulen in Deutschland sowie weiteren Menschen, die Spenden sammelten. Sie selbst, schildert Jutta Lehmann-Kranenburg, habe die Schule später geleitet und war immer wieder monatelang in Ghana, wo sie ein Zimmer auf dem Schulgelände bewohnt habe.

Die eigentlich Verantwortlichen ins Boot holen

Als 2008 nach den Wahlen in Ghana die Schulgebühren für den Grund- und Hauptschulbereich abgeschafft wurden, habe sie sich sofort um eine staatliche Übernahme der Schule bemüht. „Denn die meiner Meinung nach entscheidende Aufgabe liegt darin, die eigentlich Verantwortlichen – und damit meine ich die Politiker – ins Boot zu holen. Das kann zwar manchmal sehr lange dauern und es braucht dafür auch einen wirklich langen Atem.“ Die Dorfschule wurde dann 2011/12 von dem ghanaischen Schulministerium übernommen und ist seitdem völlig spendenfrei.

Natürlich gehört auch Trommel und Tanzunterricht zum Curriculum der Schule.

Ein neues Projekt

Mit der Umwandlung von einer spendenfinanzierten in eine staatliche Schule hat Jutta Lehmann-Kranenburg mit der Aktivierung der eigenen Kräfte vor Ort ein wichtiges Ziel erreicht. Nun plant sie ein weiteres Projekt, in dessen Rahmen ein Kulturzentrum entstehen soll. „Back to the Roots“ sei hierbei ihr Motto, also die afrikanische Identität und Geschichte sowie das ursprüngliche Wissen in den Fokus zu rücken und wieder für die Menschen erlebbar zu machen. Das entspricht ganz ihrem grundsätzlichen Ansatz, den Menschen zu ermöglichen, wieder in ihre eigene Kraft und zu sich selbst zu finden – und bestimmt wird ihr auch das gelingen.

Auch die eigene Versorgung der Schule mit Wasser gehörte zu den zu bewältigenden Aufgaben im Rahmen der Schulgründung.
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