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Wollen tat es keiner. Hinsehen aber auch niemand. Dabei hat der Kalender bis dato eine klare Ansage gemacht und sich streng und ehrlich daran gehalten. Dem Wetter ist eigentlich nichts vorzuwerfen (obschon dies allzu gern gemacht wird). Es ist für die meisten jetzt einfach gut gewesen mit dem Möchte-gern-Winter.

Die Schneeproduktion lag etliche Wochen auf Halde. Dann dieses ebenso wochenlange unentschlossene Geschaukel vom Nachtfrost ins Tauwetter und wieder zurück in den Nachtfrost hinein. Klare Kante ist etwas anderes, sowas wie der Januar geschafft hat: einfach hoch mit den Temperaturen, drei Grad zu warm, fertig. Da kam man im Traum nicht auf winterliche Gedanken.

Nun gut, das wurde besser
Die obligatorische Winterwetterlage für richtigen Winter kam dann ja doch noch. Der flehende Schrei nach Besserung und Frühling war da, aber wohlwissend gekünstelt: der meteorologische Frühlingsanfang hat nichts mit dem Sonnenstand, unserem Dirigenten der Jahreszeiten, zu tun. Ihn zu zitieren, um es Frühling werden zu lassen, kann nur als verzweifelter Weckruf der Sehnsucht verstanden werden. Die Tage werden hierdurch keine Sekunde länger, die Sonne steht deshalb nicht einen Millimeter höher am Himmel. Berechtigte Vorfreude besteht erst ab dem 20. März, dann ist Frühlingsanfang, korrekt und höchstpersönlich.

Und den kriegt jeder mit: die Tage bereits so lang, dass man schon fast im Hellen ins Kino gehen kann. Die Vögel zwitschern noch lauter als sie das jetzt schon tun. Die Krokusse verlassen ihren Schutzmantel und kommen raus. Das animiert ungemein, es ihnen gleichzutun. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, wie uns das Wetter Ende April des vergangenen Jahres bewiesen hat. Damals setzte der Winter nochmal alle Segel und rauschte mit Vollzeug durch Norddeutschland.

Die Duplizität der Fälle ist prinzipiell natürlich möglich, aber jetzt geht es erstmal um den Monat März und der trägt den Stempel „Frühlingsbeginn“ vor sich her. Astronomisch so sicher wie das Amen in der Kirche – drücken wir die Daumen und freuen uns darauf.

Meeno Schrader

Schon seit seinem 15. Lebensjahr ist das Wetter für Meeno Schrader weit mehr, als nur Small Talk. Er hat an den unterschiedlichsten Plätzen der Welt das Wetter „getestet“ und lebte und arbeitete unter anderem in Australien, Korea, der Karibik und den USA. Seit 2002 ist er der „Wetterfrosch“ des Schleswig-Holstein-Magazins beim NDR. In der Lebensart verrät er jeden Monat einen Gedanken aus seinen Wetterwelten.

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