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„Fährmann, hol över”, steht auf dem hölzernen Rahmen am Ufer der Eider bei Delve in Dithmarschen. In seiner Mitte hängt eine Messingglocke. Seit 2001 können sich Radfahrer:innen und Fußgänger:innen hier auf Zuruf mit der Bargener Fähre auf die andere Flussseite schippern lassen. Außerhalb der regulären Fährzeiten sticht der kleine Kahn zu ganz besonderen Erlebnisfahrten in See.

Sechs Jahre ist es jetzt her, da verschlug es mich – eigentlich waschechte Flensburger Deern – nach Dithmarschen. Und zugegeben: Der Anfang war echt nicht einfach. Was tun zwischen all dem Kohl, den vielen Schafen und Deichen? Mittlerweile habe ich meine Wahlheimat aber fest ins Herz geschlossen. Das liegt auch an der paradiesischen Natur, die immer wieder neue Überraschungen parat hält. Eines meiner absoluten Highlights ist die Eider. Sanft schlängelt sich Schleswig-Holsteins längster Fluss durch sattgrüne Wiesen und Moore, vorbei an idyllischen Badestellen, Angelplätzen, Schöpfwerken und Reetdachhäusern. Hinter jeder Biegung, so scheint es, gibt es etwas Neues zu entdecken. Eine dieser Entdeckungen ist die Bargener Fähre, mit der sich die Flusslandschaft auf ganz besondere Art und Weise erkunden lässt.

Der Weg über die Eider ist bei Fahrradfahrer:innen eine beliebte Abkürzung (© Dithmarschen Tourismus_photocompany)

Naturgenuss und historische Erzählungen

Meine Empfehlung an alle, die in ihrem Urlaub den großen Touristenströmen entfliehen oder einfach mal in der Natur den Kopf frei bekommen wollen, sind die Dämmerungsfahrten. Kaum etwas ist entspannender, als sich den sanften Wind um die Nase wehen zu lassen, während das Boot in der tiefstehenden Abendsonne ruhig über das Wasser gleitet und die letzten Sonnenstrahlen Fluss und Ufer in ein goldenes Licht tauchen. Hin und wieder begegnen einem ein paar Angler:innen am Ufer, in einigen Buchten haben kleine Gruppen oder Paare ihr Picknicklager aufgeschlagen. Haubentaucher, Enten und andere Wasservögel suchen unter der Wasseroberfläche nach Nahrung. Man kann sich gar nicht sattsehen an all den Eindrücken! In den Ohren nur das Plätschern des Wassers, das Zirpen der Grillen und der Gesang der Vögel. Ansonsten himmlische Ruhe. Zumindest fast. Denn zwischendurch unterhält Fährmann Uwe Paulsen seine Fahrgäste immer wieder mit Geschichten rund um die Eider. Zum Beispiel, dass die Bargener Fähre das erste Mal bereits 1554 urkundlich erwähnt wurde. Oder von den Kapitänen der Schiffergilde. Vor dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals war die Eider die wichtigste Verbindung zwischen den beiden Meeren. Viele wohlhabende Seeleute ließen sich damals in den Orten rund um den Fluss nieder. In der Hoffnung, wohlbehalten von ihren Fahrten zurückzukehren, hinterließen sie regelmäßig Spenden in der Schatulle der Delver Schifferkirche. Noch heute zeugen drei Votivschiffe in der Kirche von dieser Zeit – in den Rümpfen Schenkungsurkunden der Gilde.

Mit allen Sinnen entspannen

Bis zu 28 Personen finden auf dem kleinen Kahn Platz

Ja ja, die Eider ist eben ein sagenumwobenes Gewässer. Selbst Odysseus soll ja angeblich schon auf ihr unterwegs gewesen sein. Aber das ist ein anderes Kapitel, denn auf dem Wasser ist nichts als Entspannung angesagt. Auch für einen kleinen Snack an Bord ist gesorgt. So geht Genuss für alle Sinne! Und so vergeht die Fahrt zwischen malerischen Natureindrücken, spannenden Geschichten und kleinen Leckereien schließlich viel zu schnell. Nach zwei Stunden macht die Fähre an dem mittlerweile mit einem Schwedenfeuer beleuchteten Anleger in Bargen fest. Was für ein Finale!

Bei der Fahrt durch die wunderschöne Flusslandschaft ist der Alltag schnell vergessen

Für jede:n die passende Tour

Die Dämmerungsfahrten sind längst nicht alles, was Uwe Paulsen und seine Kolleg:innen zu bieten haben. Frühaufsteher:innen können die Eider auf zweistündigen Naturerlebnisfahrten schon in den Morgenstunden mit ihrer ganzen Artenvielfalt entdecken. Besonders stimmungsvoll wird es am 19. und 25. Juni auf den Mittsommer- und Mondscheintouren. Auch für geübte Stand-Up-Paddle-Fans gibt es spezielle Touren. Nicht zu vergessen die Schleusenfahrten, die Touren mit plattdeutscher Musik und Geschichten oder die Geschichtstour „Eider und Kirche”. Sie sehen: Der Weg zum Anleger lohnt sich auf jeden Fall. Übrigens: Wer einen ganz besonderen Ort für den schönsten Tag des Lebens sucht, kann sich auf der Bargener Fähre sogar das Ja-Wort geben. Ja, die eigentlich eher als nüchtern – böse Zungen behaupten „störrisch” – verschrieenen Dithmarscher:innen können eben auch ganz, ganz romantisch sein.

Programm und weitere Infos
www.bargener-faehre.de

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