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Eines muss und soll man gerne und – warum nicht? – bewundernd den Koalitionsverhandlungen sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch vor allem hier im schönen Land zwischen den Meeren, dem sog. Echten Norden (Preisfrage schon mal vorab: Wird jemand die Tafeln an den Landesgrenzen abmontieren und anschließend den Dänen sagen – tut uns leid, war nur so ’ne Idee von uns??), lassen:

Die jeweilige politische Rhetorik verzichtete komplett auf eine der verschwurbeltsten Formulierungen aus öffentlichen Mündern, die das in punkto politisch-öffentlichem Verschwurbeltsein durchaus reiche 21. Jahrhundert bislang zu bieten hatte. Niemand redete davon, dass irgendjemand „um eine Lösung ringt“. Kein Koalitionsausschuss „rang bis in die frühen Morgenstunden um eine Lösung der Fledermausfrage im Zusammenhang der A 20“ und keine öffentliche Verlautbarung der nunmehr verhandelt habenden verstieg sich zu der Äußerung, dass man „erbittert miteinander gerungen habe, um einen tragfähigen Kompromiss zu erzielen“. Denn mal abgesehen davon, dass ein Kompromiss – das hat er so in sich – unter allen Umständen tragfähig zu sein hat: wer will sich eigentlich PolitikerInnen dauernd auf der olympischen Fliegengewichtsmatte bei den Ringwettkämpfen vorstellen müssen?

Wer dauernd behauptet, er/sie müsse „um etwas ringen“, der spricht unangemessen. Denn wer um etwas ringt, kann dies nicht dauernd tun. Wer um etwas ringt, hat mit extremen, zumindest sehr bedeutenden existentiellen Fragestellungen und Entscheidungssituationen zu tun. Und dann mag das Verb in bildersprachlicher Verwendung seine Berechtigung haben. Aber ansonsten, siehe Koa-Verhandlungen hier und dort, reicht es völlig aus, den Mikrofonen und Notizblöcken der versammelten Medien anzuvertrauen, dass „man sich geeinigt habe“, die Entscheidung nicht allen leicht gefallen sei, aber doch getroffen werden konnte, man noch weiter verhandeln müsse, aber doch zuversichtlich sei, eine Lösung, mit der alle werden leben können, morgen der Öffentlichkeit bekannt zu geben.

Unangemessenes Sprechen schludert mit dem Wert von Worten. Passiert dauernd und ist noch lange kein Grund, den Untergang des Abendlandes auszurufen. Aber es nimmt zu – die Medien sind da ziemlich engagiert und die Fälle, in denen eine Windstärke von 5-6 Beaufort als Sturm beschrieben wird und ein 5-stündiges Schneetreiben die Einstellung des Bahnverkehrs zur Folge hat, sind so selten nicht. Da sollten alle mal um eine Lösung ringen!

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