Wer sich für unsere Meere und ihre Bewohner interessiert, der ist im Ostsee Info-Center (OIC) Eckernförde genau richtig. Die Einrichtung, die direkt am Strand liegt, wurde 2008 eröffnet und informiert über alles Wissenswerte rund um das Leben unter Wasser. Ein Thema, das aktueller nicht sein könnte.
Wale in der Ostsee? Tatsächlich gibt es sie hier in der Eckernförder Bucht, die Schweinswale. Wie ihre Echo-Ortung funktioniert, welchen Gefahren die kleinen Meeressäuger ausgesetzt sind und was die Schleswig-Holsteinischen Fischer tun, um sie vor Beifang in Stellnetzen zu bewahren, zeigt das OIC seinen Gästen in einem speziellen Ausstellungsbereich. Im OIC geht es um Fische und Seesterne, aber auch um tauchende Meeresenten und ganz aktuell um Seegras und die Auswirkungen der Pflanze auf den Klimawandel und den Fischbestand. Es werden Umweltbildungs- und andere Veranstaltungen für große und kleine Meer-Entdecker*innen angeboten, denn das OIC-Team möchte die Faszination für den Lebensraum unter der Wasseroberfläche wecken.
Liebens- und schützenswert
„Nur was wir kennen und schätzen, das können wir auch schützen”, weiß Hannah Sliwka. Die 36-Jährige ist seit über zehn Jahren im Team des OIC und kennt sich bestens aus. Seit 2017 ist die studierte Umwelt-Geografin Leiterin der beliebten Einrichtung in Eckernförde. „Haben Sie schon mal einen Plattfisch gestreichelt? Oder einen Seestern auf die Hand genommen? Bei uns können Sie die Ostsee-Tiere hautnah kennenlernen”, wirbt sie für einen Besuch im OIC, wo die Besucher*innen einen Blick ins Aquarium werfen können. Wer in die Ostsee hinein lauschen möchte, wird sich über das Hydrophon im OIC freuen, das die Geräusche am Meeresgrund in die Ausstellungsräume leitet; eine echte „Live-Schalte ins Meer” sozusagen. Und über eine auf die Ostsee ausgerichtete Webcam können die Besucher*innen z.B. vorbeifahrende Schiffe entdecken. Parallel dazu werden die vom Hydrophon übertragenen Geräusche mit einer sogenannten „Sounddusche“ weitergeleitet. Außerdem zu hören sind Schweinswal und Knurrhahn sowie Störgeräusche eines Motors. Begleitende Informationen zum Thema Lärm im Meer runden die Station ab.
Praktische Umweltschutz-Arbeit
Doch auch ganz praktische Umweltschutz-Arbeit wird im OIC geleistet: „Die ‘Freiwillige Vereinbarung zum Schutz von Schweinswalen und tauchenden Meeres-Enten’ ist erneut verlängert worden,” freut sich Hannah Sliwka. Erstmals wurde die Vereinbarung im Jahr 2013 geschlossen. Darin erklären sich die Ostsee-Fischer Schleswig-Holsteins freiwillig bereit, den Schutz von Schweinswalen und tauchenden Meeresenten vor dem Ertrinken in Stellnetzen zu verbessern. 2013 unterzeichneten der Landesfischereiverband und der Fischereischutzverband gemeinsam mit dem damaligen Umweltminister Robert Habeck die freiwillige Vereinbarung. Kernpunkte sind eine Verringerung der Stellnetzfläche in den Sommermonaten Juli und August, der Einsatz des Schweinswal-Warngerätes PAL, ein anonymisierter Abholdienst für ungewollt beigefangene Schweinswale und die Meidung der Hauptfraßgebiete von tauchenden Meeresenten durch die Einführung einer sogenannten „Enten-Ampel“ im Winter, wenn die Enten-Konzentrationen durch Rastvögel in den schleswig-holsteinischen Küstengewässern stark zunehmen. Die Stellnetzfischerei meidet dann bestimmte Gebiete, in denen Enten aktiv nach Nahrung suchen. Dazu hat das OIC einen SMS-Warndienst sowie Online-Karten eingerichtet, mit dem es die Fischerei informiert.
Vertrauensvolle Zusammenarbeit
Gleichzeitig ist es Ziel der Vereinbarung, der zu Schleswig-Holstein gehörenden handwerklichen Küstenfischerei eine Existenzgrundlage für die Zukunft zu erhalten. „In den vergangenen Jahren haben die Vertragspartner gezeigt, dass sich Schutz und Nutzung nicht zwangsläufig widersprechen. So wurde kontinuierlich weiter gemeinsam an Verbesserungen gearbeitet. Um dies fortzusetzen, wurde die Vereinbarung zuletzt im Oktober 2022 für weitere vier Jahre bis Ende 2026 verlängert”, erläutert Hannah Sliwka. Das OIC koordiniert die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren das Vertrauen der Fischer erarbeitet. Das Projekt lebt von der guten Zusammenarbeit mit den Fischern“, erklärt sie. „Wir gehen auf die Fischer zu, sind vor Ort in den Häfen und halten regelmäßigen Kontakt”, erläutert die OIC-Leiterin das „Herzstück ihrer Arbeit”.
Wale: gehörlos – orientierungslos
Nach den Maßnahmen zur Verbesserung der Ostsee-Situation gefragt, weiß sie aber auch, dass es viele Belastungen sind, denen das Meer ausgesetzt ist. Dazu gehören Lärmbelastungen durch Motorboote, Schädigungen des Bodens, die Eutrophierung und vieles mehr, das den Druck auf das Habitat erhöht. Einer Untersuchung des ITAW (Institut für terrestrische und aquatische Wildtierforschung) zufolge sind bei 26 von 35 Schweinswalen Veränderungen bzw. Schädigungen verschiedener Schweregrade beim Gehör festgestellt worden. „Da sie sich über ihren Gehörsinn orientieren, kann man sich vorstellen, was der Hörverlust bedeutet”, erläutert die OIC-Leiterin. „Es gibt viele Stellen, an denen wir arbeiten müssen”, sagt sie und bittet alle darum, Verantwortung für diesen wunderbaren Lebensraum direkt vor unserer Haustür zu übernehmen.