Eine Desillusionierung

Maria Leitner (1892-1942) veröffentlichte im Jahr 1937 ihren Roman „Elisabeth, ein Hitlermädchen“ in einer Exilzeitung, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits vor den Nazi hatte flüchten müssen. Das Buch kann deshalb als eine Art Abrechnung mit den neuen Machthabern in Deutschland gelesen werden. Elisabeth Weber, eine überzeugte und vom Führer begeisterte Nationalsozialistin ist schon früh ein Hitlermädchen geworden. Sie arbeitet als Verkäuferin in der Schuhabteilung eines großen Warenhauses. Als sie den ebenfalls überzeugten Nazi Erwin Dobbien kennenlernt, beginnt für sie eine Liebesbeziehung, die allerdings nicht ohne Folgen bleibt. Eine Abtreibung behebt diese auf Druck von Erwin. Dann jedoch wendet sich das Schicksal für Elisabeth, die davon träumt, von Erwin geehelicht zu werden, wozu ihnen jedoch das nötige Geld für die Ausstattung einer gemeinsamen Wohnung fehlt, zum Schlechten. So verliert sie ihren Arbeitsplatz und muss, weil es die Nazis so wollen, in die Landhilfe als eine Art „Arbeitssklavin“. Denn die Landhilfe ist ein von Drill, Unterordnung, mangelnder Ernährung und großer Anstrengung geprägtes Martyrium für alle jungen Frauen. In dem ehemaligen Gefangenenlager, wo auch Elisabeth untergebracht ist und die Leiterin Fräulein Kuczinsky ihre erzieherische Aufgabe sehr ernst nimmt, beginnt es deshalb zu rumoren … (hb)

Buchtipp

Elisabeth, ein Hitlermädchen

Maria Leitner

Die wiederentdeckte Autorin Maria Leitner geriet völlig zu Unrecht in Vergessenheit. Ihr aufwühlender und so wichtiger wie lesenswerter Roman „Elisabeth, ein Hitlermädchen“ entlarvt das Nazi-Regime als das, was es unter anderem auch war: eine einzige boshafte und grausame Scheinheiligkeit.

Philipp Reclam jun. Verlag, 235 S., 24 Euro
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