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Foto: © www.pepelange.de

Angeln ist besonders bei uns im Norden ein reizvolles Freizeitvergnügen – auch im Winter. Damit auch wirklich alle in den Genuss kommen, gilt es, störende Hindernisse abzubauen. So entstehen immer mehr Plätze für barrierefreies Angeln in Schleswig-Holstein.

Angel rein, Fisch raus, fertig. Klingt nach einem kinderleichten Vergnügen – wenn man gesund und beweglich ist. Fehlt diese körperliche Unbeschwertheit, wird aus dem freudvollen Hobby eine unsichere und auch gefahrenvolle Aufgabe. So ergeht es den Angelfreund:innen im Land, die etwa mobil oder in ihrer Sehfähigkeit eingeschränkt sind, die ihren Alltag mit teils sperrigen Hilfsmitteln bestreiten oder auch von Symptomen geplagt werden, die ein sicheres Auftreten erschweren. Müssen sie deswegen auf ihr Freizeitvergnügen verzichten? Nein. Denn Sabine Hübner, Beauftragte für barrierefreies Angeln des Landessportfischerverbandes Schleswig-Holstein, ist im Norden unterwegs, um barrierefreies Angeln zu ermöglichen.

Stimmen wurden lauter

Vor einigen Jahren ging ein Ruck durch die Reihen norddeutscher Angelvereine. Mitglieder im Senior:innenalter traten vermehrt aus. Der Grund: Ihr fortschreitendes Alter führte dazu, dass die Standfestigkeit und Sehfähigkeit abnahm und ihnen die Angelstellen so nicht mehr sicher genug waren. Die Leidenschaft und somit die Mitgliedschaft aufzugeben, war die logische Konsequenz. Das kann doch nicht die einzige Lösung sein, dachten sich die Vereinsverantwortlichen. Die Stimmen wurden lauter, Abhilfe zu schaffen, um ein unbeschwertes Angelvergnügen zu ermöglichen. Das brachte den Stein ins Rollen.

Im Norden unterwegs

Die barrierefreien Angelplätze wurden Teil des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Land Schleswig-Holstein. Klingt auf dem Papier ganz gut. Damit es auch umgesetzt wird, düst Sabine Hübner durch das Land, um geeignete Plätze zu finden, mit Verantwortlichen zu sprechen und den Bau zu begleiten. Für ein Interview erwische ich sie in Bargen an der Eider. Denn aktuell konzentriert sie sich auf die Mitte des Landes. Die richtigen Plätze zu finden, war gar nicht so einfach, erzählt sie.


© LKSH
Sabine Hübner, Beauftragte für barrierefreies Angeln des Landessportfischerverbandes Schleswig-Holstein, zeigte bereits Jan-Philipp Albrecht, Umwelt- und Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, die Vorzüge der barrierefreien Angelplätze.

Nachhaltigkeit im Blick

Verschiedene Faktoren müssen berücksichtig werden. Das Thema Nachhaltigkeit spielt in der Fischerei selbstverständlich eine große Rolle. Gewisse Fangquoten, die an die Bestandssituation der Fische angepasst werden, müssen eingehalten werden, auch dürfen zu be- stimmten Jahreszeiten nur bestimmte Arten geangelt werden, sodass sich die Fischbestände regenerieren können. „Zunächst einmal muss also überhaupt Fisch vorhanden sein“, sagt Sabine Hübner. Ist das gesichert, nimmt sie die Gegebenheiten des Ufers in Augenschein. Beim Angeln müsse das Tierwohl beachtet werden. Wenn der Fisch am Haken ist, soll er mittels Kescher aus dem Wasser herausgeholt werden. Das Wohl des Menschen ist wiederum dann berücksichtigt, wenn eine optimale Wasserhöhe vorherrscht. Ein Stürzen oder eine zu schwere Hebelwirkung durch den Kescher während des Landens ist damit ausgeschlossen. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die vorhandene Infrastruktur. Kann die Stelle gut und regelmäßig auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden?

Wichtige Hilfsmittel

Sind alle Voraussetzungen erfüllt, geht es an die Handwerksarbeit. Eine ebenerdige Plattform wird geschaffen, auf der sich jede:r unbeschwert bewegen kann. Wer genau hinsieht, erkennt kleine Raffinessen, die verschiedene Bedürfnisse bedienen. „Ich habe mit vielen Anglerinnen und Anglern mit Behinderung gesprochen und dabei erkannt, dass die Erleichterung des einen, dem anderen nicht unbedingt hilft“, erzählt Sabine Hübner und gibt als Beispiel das Symptom Schwindel an. „Viele leiden unter Schwindel. Senioren, Diabetiker, Gehörlose, psychisch Erkrankte und mehr. Eine freie Fläche ist für diese Menschen kein Gewinn.“ Die Lösung: Ein speziell konstruiertes Geländer gibt Sicherheit. Bedacht wurden dabei verschiedene Gruppen bezüglich der Größe sowie Steh- und Sitzposition. Des Weiteren hilft eine Kante entlang der Plattform Seheingeschränkten, die Grenzen der Fläche auszumachen.


© Sabine Hübner
Damit jede:r in den Genuss dieses Freizeitsports kommt, werden im Land barrierefreie Angelplätze errichtet.

Ziel – 45 Plätze

Mit dieser guten Portion von Sicherheit macht das Auswerfen der Angelrute wieder Spaß. In 2020 wurde die erste Plattform errichtet. Bis Ende Februar dieses Jahres wird das Projekt insgesamt 23 Plätze zählen. Doch noch ist nicht Schluss. Sabine Hübner möchte im Land rund 45 Stellen ein Stück weit sicherer für jene machen, die sich das von Herzen wünschen. Ein paar Jahre nimmt sie sich dafür noch Zeit. Dann verstaut sie die Planungsmappe in der Schublade und holt endlich wieder ihre eigene Angel heraus. „Die Arbeit ist zeitintensiv. Deswegen bin ich aktuell wohl eher die typische Urlaubsanglerin“, sagt sie und fängt an zu lachen, schmeißt ihr Auto an und düst wieder los – ab zur nächsten Baustelle.

Zum Projekt

„Barrierefreies Angeln“ ist eine Initiative des Schleswig-Holsteinischen Landessportfischerverbandes. Mit dem Projekt nimmt er unter den Verbänden eine Vorreiterrolle in der Inklusion aller Mitglieder der Gesellschaft ein. Das Einbeziehen der Betroffenen in den Entwicklungsprozess ist ein beispielhaftes Vorgehen auch für andere Sportverbände und Institutionen.

WIR FISCHEN.SH

Unter diesem gemeinsamen Dach informiert die heimische Fischerei über ihre Themen: Von der Krabben- bis zur Binnenfischerei, von Aquakultur bis Angeltourismus, von den Teichwirten bis zu den Küstenfischern – das alles ist die Fischerei Schleswig-Holsteins. Vielseitig sind auch die zahlreichen Aspekte rund um die Branche: Fischer*in als Beruf, Anreize für Nachwuchsfischer*innen, Freizeitangeln als wachsender Trend, Fischerei als Kulturgut, Nachhaltigkeit in der Erzeugung – aber natürlich auch Fischgenuss und Regionalität. Ob Muscheln oder Hering, Garnelen oder Karpfen, Dorsch oder Plattfisch: Kein echter Norden ohne Fisch. Kein echter Norden ohne Fischerei.

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