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Viele Menschen brechen am Wochenende gern zu einer Radtour auf. Gunnar Fehlau verbindet diese Urlaubsromantik mit der Arbeit und war ein Jahr lang mit Rad und Laptop unterwegs.
Hier verrät er, was dabei richtig schiefgegangen ist und warum sich diese Art von New Work trotzdem lohnt.
von Mirjam Stein

Gunnar Fehlau machte 2023 eine Dienstreise: 13.000 Kilometer mit dem Rad, 220 Nächte im Zelt, bis zu 60 Kilogramm Gepäck. Klingt eher ungewöhnlich und war auch für den Radprofi zugleich ein besonderes Projekt und eine große Herausforderung. Gunnar Fehlau arbeitet beim Pressedienst Fahrrad, ist Gründer der Marketingagentur Velonauten, die sich um das Thema moderne Mobilität kümmert, und ist auch sonst als sogenannter „Velopreneur“ sehr aktiv in der Fahrradszene. Was läge da näher als eine Dienstreise per Fahrrad?!

2023 machte sich Gunnar Fehlau auf den Weg / Foto: Gunnar Fehlau

Wie kam es zur Workpacking-Tour?

Nachdem Gunnar Fehlaus Kinder fürs Studium ausgezogen waren, stand der Radprofi vor einer ganz neuen Autonomie über das eigene Leben. Für ihn war es die perfekte Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren. Vor allem gingen ihm die Vanlife-Bilder auf die Nerven, bei denen er in Gedanken den Van entfernte und ein Fahrrad einfügte. Schon war eine Idee geboren: Die Kombination aus „Work & Travel“ und Bikepacking wurde zu Workpacking. Am 2. Januar 2023 stieg er auf sein E-Cargo-Bike und machte sich auf den Weg. Schlechtes Timing, wie er schnell feststellte. Trotzdem wollte er beweisen, dass der „Vanlife-Stil“ auch mit dem Fahrrad und im Winter möglich ist.


Viel gelernt

Eine Vision gehört zu jeder größeren Tour, aber manche sind einfach nicht alltagstauglich. Zur ursprünglichen Idee der Workpacking-Tour gehörte beispielsweise ein Tipi mit einem Zeltofen. Gunnar stellte sich seine Abende ganz romantisch vor: „Auf dem Ofen steht ein Pott Kaffee und du sitzt im Stuhl und arbeitest … Das ist Bullshit“, weiß er es jetzt besser. Auf- und Abbau dauerten einfach zu lange. Also wurde das große Zelt durch ein geräumiges, schnell aufzubauendes Zwei-Mann-Zelt ausgetauscht, was nicht nur Zeit, sondern auch Gewicht einsparte.

Auch beim Gepäck packte ihn schnell eine Erkenntnis: Zu Hause ist er von Raum zu Raum gegangen und hat eine Tasche pro Zimmer gepackt. Ist man aber mit so vielen Taschen unterwegs, die alle miteinander verbunden sind, öffnet man im schlimmsten Fall zwölf Schnallen, bis man unten an die Zahnpasta gelangt. „Diese Zugriffsgeschwindigkeit ist so zäh, dass man das Zähneputzen am liebsten sein lässt“, sagt Fehlau. Danach hat er nach Nutzungswahrscheinlichkeit gepackt. Laptop und Zahnpasta waren fortan in einer Tasche untergebracht. „Abends putzt man Zähne, am nächsten Morgen geht’s direkt an den Laptop.“ Das Ergebnis: „Eine sehr strukturierte Lagerhaltung, die aber mit vielen normalen Logiken bricht.“ Perfekt für die Tour!

Damit andere Menschen, die sich für so eine Art des Arbeitens interessieren, nicht vor den gleichen Planungsproblemen stehen, hat er seine Fails und hilfreiche Tipps in einem Buch zusammengefasst, das im April erscheint: „Workpacking – Mein Jahr als digitaler Lastenradnomade“ vereint unterhaltsame Anekdoten und tiefgründige Überlegungen zu den Themen „digitales Arbeiten“ und „New Work“.

Unterwegs in Schleswig-Holstein

Die Workpacking-Tour führte den Radprofi quer durch Deutschland. Leider konnte sich Schleswig-Holstein nicht von der Schokoladenseite zeigen. Unseren schönen Norden erreichte er bei Schnee, doch bedauerlicherweise war für ihn und sein E-Bike kaum Platz. Die Fahrradwege waren selten geräumt, teilweise sogar zugeschüttet mit dem Schnee der Straßen, was ihn oftmals zwang, auf die Straße auszuweichen. Sehr zum Missfallen der Autofahrer*innen. Ein paar schöne Tage konnte er dennoch bei uns erleben. Besonders das wellige Terrain in der Gegend um Bad Segeberg gefiel Gunnar. Einen Abend zauberte er sich – bei −6 °C – ein Fünf-Gänge-Menü am Lagerfeuer. So hatte er sich die Tour vorgestellt. 

Nur Mut

Trotz aller Widrigkeiten kann Gunnar Fehlau eine klare Empfehlung für Workpacking-Touren aussprechen. Für ein paar Tage oder über einen Brückentag, sodass man Arbeiten und Reisen verbinden kann, eignet sich das Konzept Workpacking sehr gut. Und jetzt gibt es ja auch einen ersten Erfahrungsbericht. Mehr Infos unter www.workpacking.de.


Zum Weiterlesen

Gunnar Fehlau: Workpacking – Mein Jahr als digitaler Lastenradnomade, Motorbuch Verlag, 256 Seiten, 29,90 Euro

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