Eine Geschichte aus dem Großen Terror

Wir befinden uns im Jahr 1937 und dem Höhepunkt der Verfolgungen und Prozesse der Stalin-Zeit in der Sowjetunion. Mischa Kornew hat gerade sein Jura-Studium absolviert und wird, da bereits viele Juristen dem Staatsterror zum Opfer gefallen sind, schnell zum Staatsanwalt und Zuständigem für die Gefängnisaufsicht ernannt. Schnell bemerkt er, dass Nichtstun offensichtlich in den Büros der Normalfall ist, wobei alle jedoch große Geschäftigkeit in Fällen zeigen, die völlig belanglos oder eindeutig sind. Er selbst gerät in die Bredouille, als ihn der Brief eines Gefangenen erreicht, den er aus dem Studium von einem Vortrag her kennt: das Mitglied des regionalen Parteikomitees Iwan Stepanowitsch Stepnjak. Kornew beschließt, sich vom Zustand des Inhaftierten vor Ort im Gefängnis selbst zu überzeugen. Das wiederum löst in eben jenem Gefängnis, wo man eine solche Handlungsweise eines Staatsanwalts nicht kennt, diese sich üblicherweise dort nicht sehen lassen, Bestürzung und Überraschung sowie hektische Betriebsamkeit aus. Der Staatsanwalt trifft nach Überwindung einiger gefängnisinterner Schwierigkeiten den Gefangenen und ist über dessen psychisches und physisches Befinden ebenso entsetzt wie über die Haftbedingungen. Er wittert eine reaktionäre Verschwörung gegen den Staatsführer und den Kommunismus, weshalb er direkt nach Moskau fährt, um dem obersten Staatsanwalt der Sowjetunion, Professor Wyschinski, über das Komplott zu informieren, welchem auch Stepnjak zum Opfer gefallen sein muss. Ob das eine so gute Idee von Kornew ist? (hb)

Buchtipp

Zwei Staatsanwälte

Georgi Demidow

Georgi Demidow (1908-1987), der selbst aus eigener Erfahrung die Zustände in den Gefängnissen und Lagern der Stalinistischen Ära bestens kannte, erzählt in diesem Roman das Schicksal eines naiven Menschen, wodurch die ganze Absurdität der Verfolgungen in den 1930er Jahren sichtbar wird.

Verlag Galiani Berlin, 235 S., 23 Euro
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