
Holger Buhr ist Tischlermeister und hat seinen Betrieb im Juni 2023 in jüngere Hände gegeben. Das war nicht einfach! Der 62-Jährige berichtet, wie schwierig es war, seinen Nachfolger Tom-Calvin Reimann zu finden.
von Marion Laß
Holger Buhr kommt donnerstags nach Hause. Geschafft! Morgen hat er frei und muss erst am Dienstag wieder arbeiten. Der Tischlermeister aus Neumünster hängt seine Jacke an den Haken. Er wird im Oktober 63 Jahre alt und hat gerade seinen Tischlerei-Betrieb mitsamt seiner 15 Mitarbeiter*innen an seinen Nachfolger verkauft: Tischlermeister Tom-Calvin Reimann, 28 Jahre jung. Wenn Holger Buhr zurückblickt, wird ihm warm ums Herz. Ja, er hat sie geliebt, seine Tätigkeit. Das Material war nicht immer Holz, aber meistens. Und man konnte so viel daraus machen. Türen, Fenster, Möbel, Einrichtungsgegenstände und sogar kleine Stühle und Bänke für den Kindergarten. Die Entscheidung Tischler zu werden, hat er nie bereut. Auch als er vor 35 Jahren den Sprung in die Selbständigkeit wagte, war das genau sein Ding. Er hat sich schnell einen guten Namen erarbeitet und konnte den Betrieb stetig ausbauen. Zu seinen Projekten gehörten Neubauten, Fensterbau, ebenso Möbel und Reparaturarbeiten. Auch für die „öffentliche Hand” war er unterwegs, hat Renovierungsarbeiten in Schulen erledigt. Es hat immer Spaß gemacht.
Betrieb mit Verpflichtungen
Als seine Jungs auf die Welt kamen, hatte er die Idee, dass sie vielleicht später den Betrieb übernehmen könnten. Aber daraus wurde nichts. Und so musste sich Holger Buhr auf die Suche nach einem Käufer machen, der bereit war, nicht nur den Betrieb mit all seinen Stammkunden und Verpflichtungen zu übernehmen, sondern auch seine treuen Mitarbeiter*innen – immerhin zwei Meister, neun Gesellen, drei Lehrlinge und eine Bürokraft. Das war er ihnen schuldig. Doch die Suche nach einem Nachfolger gestaltete sich schwieriger als gedacht „Ich habe Leute eingestellt, die das machen wollten und dann wieder abgesprungen sind. Und wie oft habe ich gehört, dass es zu anstrengend ist, einen Betrieb zu führen. Man hätte ja kaum noch Freizeit. Die Bereitschaft der Jugend, Verantwortung zu übernehmen, ist eine andere geworden“, resümiert der 62-Jährige nach seinen Erfahrungen bei der Suche eines Nachfolgers. Und diese Suche ging über mehrere Jahre. „Wenn ich mir vorstelle, dass in den nächsten zehn Jahren ca. 7.000 Handwerksbetriebe übergeben werden sollen. Das wird eine Katastrophe”, ist der Tischlermeister überzeugt.
Lösung gefunden
Für ihn hat sich Gott sei Dank alles zum Guten gewendet. „Vor zwei Jahren kam Tom zu mir und wollte mit mir sprechen. In diesem Gespräch erzählte er, dass er überlegt, einen Betrieb im Bereich Flensburg zu übernehmen und bat um meine Meinung. Ich konnte Tom davon überzeugen, hier im Lande zu bleiben und bot ihm meinen Betrieb an. Das hat dann auch geklappt”, ist Buhr glücklich. Finanziell wurde man sich einig und am 30. Juni 2023 fand die Übergabe statt. Der Betrieb ist nun eine GmbH, deren Geschäftsführer Tom-Calvin Reimann heißt. An seiner Seite: Holger Buhr. Er arbeitet als Prokurist weiter in seinem ehemaligen Betrieb, allerdings nur noch drei Tage in der Woche und nur noch einige Jahre – bis zum Ruhestand. „Ich helfe Tom mit all meiner Kraft und freue mich, wenn der Betrieb so gut weiterläuft”, sagt er.
Win-Win-Situation
„Es ist eine schöne win-win-Situation”, findet auch Tom-Calvin Reimann. Er hat den Vorteil, das Know How seines Vorgängers nutzen zu können, bringt aber auch viel eigenes Wissen mit, denn trotz seiner erst 28 Jahre hat der Tischlermeister ein bewegtes Berufsleben hinter sich. „Nach dem Abitur und der Ausbildung, die ich übrigens im Nachbarbetrieb unseres Kombinats gemacht habe, habe ich in vielen Tischlereien gearbeitet”, erzählt der Jungunternehmer, der schon früh das Ziel hatte, eine eigene Tischlerei zu haben. Rein fachlich stand dem nichts im Wege, denn sein beruflicher Start konnte nicht besser sein: Reimann war nicht nur Innungs-Bester seines Jahrgangs, sondern wurde beim Schleswig-Holsteinischen Landeswettbewerb der Tischlerinnung sogar Vize-Landesmeister.
Erstmal Erfahrungen machen
Doch der Tischler wollte zunächst einmal Erfahrungen sammeln. Vor und während der Meisterschule war er auch in Hamburg tätig – u.a. in einem industriell geprägten Betrieb, wo er sich die Produktion von Serienanfertigungen anschaute. Als sein damaliger Lehrherr ihn bat, nach Neumünster zurückzukommen, um die Arbeitsvorbereitung umzustrukturieren und Teile der Werkstattleitung sowie der Ausbildung zu übernehmen, ist er gerne gefolgt. Aber da war noch immer dieser Wunsch nach einem eigenen Betrieb und der sollte mit der Übernahme des Unternehmens Buhr in Erfüllung gehen. Hier kommt ihm nun sein gesammeltes Wissen zugute. Doch er betont: „Ohne das Team bin ich nichts!” und freut sich auf die Zusammenarbeit mit den langjährigen Weggefährten von Holger Buhr. Auch Bewerbungen nimmt er entgegen. „Wir suchen immer junge, motivierte Teammitglieder – auch für die Ausbildung”, lädt er ein.