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Unter dem obigen Titel veranschaulichen 122 Werke in der Herbert Gerisch-Stiftung in Neumünster in einer umfangreichen Retrospektive das Schaffen des Kölner Künstlers (1940-2001), der wie kaum ein anderer Bildhauer in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eigene Wege eingeschlagen hat.

Nach dem Studium der Bildhauerei bei Gustav Seitz in Hamburg und Fritz Wotruba in Wien,
zog Heinz Breloh 1970 nach Köln. In dieser künstlerischen Metropole von Weltruf am Puls der Zeit, begann Breloh mit Filmarbeiten und Fotoplastiken, die er unter anderem 1977 auf der documenta 6 präsentierte. Bekannt geworden ist der Künstler mit der Skulpturengruppe „Lebensgröße“, großformatige Gipsvolumen, die er in den 1980er Jahren mit seinem eigenen Körper in Form gebracht hat. Der Künstlerkörper wird damit nicht nur Werkzeug im Schaffensprozess, sondern auch zum Motiv der Skulpturen. Heinz Breloh hinterlässt Spuren im Gips, gräbt sich mit seinem Körper tief in diesen hinein, bis seine Silhouette sichtbar wird. Oder, wie er selbst es beschreibt: „Die Arbeit ist getan, wenn zwischen Körper und Plastik keine Distanz mehr besteht.“

Heinz Breloh – Der sitzende Bildhauer ist müde (Skulptur im Vordergrund) sowie die o.T. (drei Zeichnungen an der Wand), 1989, bleiben im Bestand der Herbert Gerisch-Stiftung

Körperliche Kunst

Die Formung der „Lebensgröße“ erlebt Heinz Breloh als existenzielles Ereignis von Wahrnehmung und Ausdruck, es lässt ihn 1988 zum Konzept des „Bildhauers als Sechsender“ finden: Er identifiziert sich als Künstler, der mit seinem Körper spürt, fühlt, denkt und formt. So formt er Bewegungsvorstellungen der Körperenden beziehungsweise deren Verlaufslinien, vergleichbar der Notation einer Choreografie. Aus diesem Denken heraus entstehen in den folgenden Jahren zahlreiche Werkgruppen in Bronze und Keramik, die von der ästhetischen wie intellektuellen Qualität der Arbeit Heinz Brelohs zeugen. Zugleich setzt sich der Bildhauer intensiv mit der Geschichte der Skulptur seit der Antike auseinander und fragt nach ihrem Wirken in der Gegenwart: „Meine Arbeit geht intensiv der Frage nach, wie heute figurative Skulptur entstehen kann. In einem dialogischen Prozess zwischen der realen und der gedachten Bewegung meines Körpers und den Vorstellungen von dem Körper als Plastik entstehen dreidimensionale Reflektionen der bildnerischen Existenz.“

Künstlerische Vorformen

Eine Besonderheit der Ausstellung in der Herbert Gerisch-Stiftung bilden die ausgestellten Modelle und Projektskizzen, die Heinz Brelohs Wunsch zeigen, mit seinen Skulpturen in den öffentlichen Raum hineinzuwirken. Die Auswahl der teilweise realisierten Projekte spiegelt nicht nur sein Denken über die uns umgebende Welt, sondern bilden auch eine Reminiszenz an den umgebenen Skulpturenpark in Neumünster.

Blick in die Ausstellung „Die Spur des Bildhauers. Wiedersehen mit Heinz Breloh“

Umfassende Ausstellung

Bald 25 Jahre nach dem Tod des Künstlers befindet sich sein künstlerisches Werk in einer Wiederentdeckung. Gab es in den vergangenen Jahren bereits in Köln und Bochum Werkpräsentationen, wird nun in Neumünster das gesamte künstlerische Schaffen Heinz Brelohs in den Blick genommen und in großer Dichte präsentiert. Diese reicht von frühen, selten gezeigten Film- und Fotoarbeiten der 1970er Jahre bis hin zu aufwändigen Installationen aus seinem Spätwerk. Anlass für die Ausstellung ist der Erwerb eines Werkkonvolutes aus dem Nachlass des Künstlers, das durch großzügige Schenkungen der Familie Breloh ergänzt wurde. Damit besitzt Neumünster neben dem Kölner Museum Kolumba und dem Kunstmuseum Bochum den bedeutendsten musealen Bestand an Arbeiten Heinz Brelohs. Unter www.gerisch-stiftung.de gibt es weitere Informationen zu der Ausstellung und der Herbert Gerisch-Stiftung.

Fotos: Andreas Zimmermann, © Künstlernachlass Heinz Breloh

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