Früher wurde zuhause und im jeden Dorfkrug gebraut. Bier war ein alltägliches, selbst hergestelltes Nahrungsmittel. Lang, lang ist es her. Die Industrialisierung brachte uns dann die Arbeitsteilung, die Globalisierung den „Einheitsgeschmack“, dem sich seit einigen Jahren die Craftbeer-Bewegung entgegenstellt. Allerorten entstehen nun kleine Micro-Brauereien. Selbst im eigenen Heim, in Küche und Keller, wird wieder Bier gebraut. Biersommelier Stefan Schnaut zeigt wie es geht.

Stefan Schnaut bezeichnet sich selbst als „Schutzmann“. Er ist ein engagierter Kümmerer. Bei seinen Brauseminaren nennt sich der höhere Beamte im Polizeidienst schlicht „Stefano“. Beim Brauen duzt man sich. Es klingt auch die künstlerische Ader des Polizisten durch. Ist der Familienvater von 4 Kindern doch auch noch Chorleiter, spielt Orgel und Klavier und braut zuhause in Bergenhusen im Wintergarten sein Bier selbst.

Seine obergärigen Spezialitäten sind Rauch-, Hafer- und Festbier. Seine Hausbiere haben Charakter. Stefan Schnaut ist durch seinen Vater, ein Historiker und Gymnasiallehrer, mit Wein und Bier als Kulturgut aufgewachsen. Im Hause Schnaut trank man bewusst und mit Wertschätzung für das Getrunkene und das dahinterstehende Handwerk. Die väterliche Passion muss sich auf den Sohn übertragen haben.

Als Stefan Schnaut Wein nicht mehr so gut vertrug, sich mehr dem Bier zuwandte, war der Weg zum Selbstbrauen nicht mehr weit. Die aufkommende Craftbeer-Szene inspirierte ihn. „Mikrobrauer fertigen keine Massenware, sie kommen aus der Region “, berichtet er mit Leidenschaft. „Wir nutzen alte Herstellungsmethoden und biologisch reine Grundstoffe. Dabei schauen wir gerne über den Tellerrand und experimentiert mit interessanten Gewürzen wie Nelken, Ingwer, Koriander“, fasst er das Credo der Craftbeer-Szene zusammen. Alte Handwerkskunst, gute Zutaten und Fantasie sollen für besondere Geschmacksmomente sorgen. Sein über Jahre angesammeltes Fachwissen setzt der Biersommelier seit einiger Zeit auch für andere ein und bietet Seminare für zukünftige Selbstbrauer an. Er zeigt ihnen, wie ein ungefiltertes und nicht pasteurisiertes Craftbeer gebraut wird. Sein Motto: Das eigene Bier brauen ist keine Hexerei und es bringt Spaß.

Neue Horizonte

Wer sich auf das Abenteuer des Brauens einlässt, lernt herb, fruchtig und süffig zu unterscheiden und diverse Nuancen im Geschmack herauszufinden. Alles über das Wunder des Getreidekorns, das, angefeuchtet und wieder getrocknet, Enzyme bildet, die Stärke in Zucker umwandelt. Es geht um Malzsorten, die aus dem Getreide – meist Sommergerste – entstehen, wie Karamell- oder Schokoladenmalz.
Die Malze werden geschrotet und in handelsüblichen Einkochautomaten auf mehreren Temperaturstufen erhitzt und eingemaischt, um die Enzyme zum Leben zu erwecken. Im Seminarraum riecht es wie in einer richtigen Brauerei. Vermittelt werden auch die Geheimnisse des Hopfens und seine unterschiedlichen Bitterstoffe. Man lernt Vollmundigkeit von Malzigkeit und Hopfigkeit zu unterscheiden. „Stefano“ zeigt den Teilnehmern, wie man im Gärbehälter die kochende Würze auf Zimmertemperatur herunterkühlt und welche selbst gezüchteten Hefen benötigt werden, um die Gärung in Gang zu setzen. Und vor allem lernt man, das Bierbrauen mit ganz gewöhnlichen, ein wenig modifizierten Haushaltsgegenständen klappt, teure Investitionen nicht nötig sind. Vor allem lernt man Demut, da keines der obergärigen Biere dem anderen gleicht. „Jeder Brauvorgang ist ein Abenteuer mit ungewissen Ausgang“, vermittelt „Stefano“ seinen angehenden Selbstbrauern mit einem Lächeln im Gesicht. Schnaut weist noch auf einen rechtlichen Aspekt hin: „Auch ein Heimbrauer muss seine Tätigkeit zollamtlich anmelden. Aber bis zu 200 Litern im Jahr sind steuerfrei.“

Für den smarten Familienmenschen, Chorleiter und Hobbybrauer geht es um Horizonterweiterung und bewussten Genuss. Der Weg ist das Ziel. Na, dann Prost.

Infos:
Stefan Schnaut veranstaltet Seminare
für interessierte Hobbybrauer an der Westküste und in Kiel. Dauer ca. 6 Stunden, Kosten 79 Euro.
www.bierbrauenlernen.de

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